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Landwirtschaft Aronia ist die ostdeutsche Goji-Beere

Deutsche Landwirte bauen die Aronia-Beere wieder verstärkt auf eigenen Feldern an. Die Flächen legen weiter zu - vor allem im Osten.

Von Anna Ringle und Christiane Raatz 10.08.2016, 23:01

Steinreich/Dresden (dpa) l Die Erntemaschinen stehen bereit, an den Sträuchern hängen die prallen dunklen Beeren: In wenigen Tagen beginnt die Aronia-Ernte in Sachsen und Brandenburg, den Hauptanbaugebieten in Deutschland. Die Nachfrage nach Produkten aus der „Modebeere“ wie Fruchtsaft wird nach Brancheneinschätzung weiter steigen. Und Landwirte reagieren: Die Anbaufläche wächst kräftig. Insgesamt dürfte das Aronia-Geschäft aber noch in der Nische bleiben.

Nach der Wende war die Beere, die vor allem in der DDR verbreitet war, in Vergessenheit geraten. Zuletzt erlebte sie aber eine Renaissance – in getrockneter Form, als Saft oder Marmelade.

Aronia-Vermarkter profitieren nach Ansicht von Experten vom gestiegenen Gesundheitsbewusstsein. Die Braunschweiger Lebensmittel-Chemikerin Michaela Döll schreibt der Beere eine „besondere Vielfalt an Vital- und bioaktiven Pflanzeninhaltsstoffen“ zu. Dem folgt der aktuelle Trend um „Superfoods“. Auch andere Beeren wie zum Beispiel Goji, Acai oder Sanddorn werden dazu gezählt.

Besonders in Ostdeutschland wird in den Aronia-Anbau investiert. Der Biohof Schöneiche im Spreewald etwa pflanzte die Beere mit dem säuerlich-herben Geschmack erstmals 2012 an und erweiterte die Fläche in diesem Jahr um 50 auf 130 Hektar, wie Mitinhaber Heinz-Peter Frehn berichtet. 2017 sollen noch einmal 50 Hektar hinzukommen. „Der deutsche Verbraucher will mehr und mehr Produkte verzehren, die regional produziert sind“, erklärt Frehn.

Der Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie verzeichnet ein steigendes Interesse an Säften, die Aronia enthalten. Ähnlich sei es bei Sanddorn und wilden Heidelbeeren. Zwar seien die Mengen im Vergleich etwa zu Apfelsaft immer noch klein. 2015 bauten laut Statistischem Bundesamt 82 Betriebe deutschlandweit Aronia-Beeren an, mehr als die Hälfte der Landwirte setzt dabei auf ökologische Bewirtschaftung. Die gesamte Anbaufläche ist binnen eines Jahres um knapp 100 Hektar auf rund 400 Hektar gewachsen. Rund 470 Tonnen holten die Aronia-Bauern im Vorjahr von den Feldern.

In Sachsen – dem wichtigsten Anbaugebiet in Deutschland – wuchsen die dunklen Früchte im Vorjahr auf einer Fläche von gut 140 Hektar, gefolgt von Brandenburg (88 Hektar), Bayern (80 Hektar) und Hessen (25 Hektar). In anderen Bundesländern spielt Aronia in der Landwirtschaft bisher kaum eine Rolle.

Jörg Holzmüller, Geschäftsführer von Aronia Original in Dresden, vermarktet die Beeren seit 2008. „Aronia kann ein deutsches Produkt werden mit Weltgeltung“, glaubt er. „Wir haben viel Rückmeldung von interessierten Landwirten, die nicht mehr wissen, was sie anbauen sollen.“ Stammen bisher noch etwa zwei Drittel der verarbeiteten Beeren bei Aronia Original aus Polen, soll der Bedarf bis zum Jahr 2020 komplett mit einheimischen Aronia gedeckt werden. In Zeiten, in denen die Preise für Milch und Schweinefleisch aus der Viehzucht im Keller sind und Wetterkapriolen Ackerbauern zusetzen, könnte die robuste und wenig anfällige Aronia-Beere jedenfalls für manche Höfe ein Ausweg sein. „Wenn wir wettbewerbsfähig sein wollen, müssen wir uns auf neue Produkte konzentrieren“, so Holzmüller. Dafür lockt Aronia Original mit Langzeitverträgen und Abnahmegarantien. Für Einzelne sei der Aronia-Anbau eine „wunderbare Erwerbsmöglichkeit“, erklärt ein Sprecher in Berlin. Eine wirkliche Alternative sei die Aronia-Beere bislang nicht.