1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Des Kaisers liebster Wohnsitz

Ausstellung Des Kaisers liebster Wohnsitz

Am 14. Mai vor 700 Jahren wurde Karl IV. in Prag geboren. Tangermünde erinnert an den bedeutenden Herrscher.

Von Grit Warnat 19.04.2016, 01:01

Tangermünde l Hoch oben über der Hansestadt steht Karl IV. (1316–1378) in Bronze und blickt weithin ins Land, wo sich Elbe und Tanger vereinen. Im September 1373 muss er auch diesen Blick gehabt haben. Damals zog er in Tangermünde ein, in jenem Jahr, als er die landesherrliche Macht über die Mark Brandenburg übernommen hatte.

Aber warum er letztlich in Tangermünde blieb, sei nicht überliefert, sagt Museumsleiterin und Archivarin Sigrid Brückner. Sie könne nur mutmaßen: Es gab den Handelsweg Elbe, es existierte schon eine Burg. Die bezog der in Prag residierende Kaiser und ließ sie für sich und die kaiserliche Familie als glanzvolle Nebenresidenz ausbauen. Alte Kupferstiche zeigen das stattliche mittelalterliche Ensemble. Der Kaiser nannte die Burg „domicilium principale“. Ein Lieblingswohnsitz.

Es ist nicht viel, was die Zerstörungen der Burg im Dreißigjährigen Krieg überlebt hat. Die Burgkapelle St. Johannis, vom Magdeburger Erzbischof 1377 geweiht, soll prächtig ausgestattet gewesen sein. Erhalten blieb lediglich eine unscheinbar aussehende Altarplatte. Zu sehen ist sie im kleinen Burgmuseum, gleich unten am Eingang zum Burgberg.

Dort, im ältesten erhaltenen Wohngebäude Tangermündes, wird dem Besucher die Burg als einstiger landesherrlicher Verwaltungsmittelpunkt und als brandenburg-preußisches Amt vorgestellt. Zu sehen sind auch Fotos vom Bronze-Denkmal des Berliner Künstlers Ludwig Cauer, das am 29. November 1900 in der Hansestadt eingeweiht wurde. Gestiftet hatte es der deutsche Kaiser und König von Preußen, Wilhelm II. Die Festschrift dazu ist in der Dauerschau ausgestellt.

Jetzt zum 700. Geburtstag des einstigen Herrschers ergänzt im kühlen Tonnengewölbe eine Sonderausstellung in Texten und Abbildungen den Aufstieg Karls IV. und seine Beziehungen zu Tangermünde. Der Freundeskreis deutsch-tschechischer Verständigung e.V. hat die Ausstellung mitgestaltet.

Beleuchtet wird die Bildung von Karl IV., er soll fünf Sprachen beherrscht haben, ebenso sein Weg in das heutige nördliche Sachsen-Anhalt, die Entwicklung von Wirtschaft und Handel im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, seine Krönung zum böhmischen König, sein Interesse an Kunst und Kultur. Unter seiner Ägide wurde Prag zur „goldenen Stadt“ mit Hradschin, Veitsdom und Karlsbrücke.

Auch wenn Karl IV. in Tangermünde nur fünf Jahre blieb, schrieb er dort auf seiner Burg auch Reichsgeschichte. Sigrid Brückner berichtet vom feierlichen Hoftag im Juni 1374, als Karl IV. den Erzbischof von Mainz in dessen Amt eingeführt hat und die Erbeinigung der Mark mit dem Königreich Böhmen vollzog. Geistliche und weltliche Gäste waren in die 3000 Einwohner zählende Stadt gereist, darunter die Erzbischöfe von Prag, Mainz und Magdeburg, zahlreiche Bischöfe, Äbte, Stiftsherren, Herzöge.

Wer mit der Museumschefin durch die Ausstellung geht, kann viel über den Herrscher erfahren. Verbunden ist sein Name mit seinem Landbuch (1375), dessen Erarbeitung er wohl von Tangermünde aus koordinierte, um einen Überblick über Besitz- und Einkommensverhältnisse zu haben, und mit der Goldenen Bulle, mit der er sozusagen das erste Grundgesetz erlassen hat, das bis 1806, dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, galt.

Hoch oben auf der Burg in Tangermünde verfasste er sein Testament.

Wer heute über Kopfsteinpflaster zur Burg schreitet, läuft durch das Burgtor, sieht die Alte Kanzlei, den Kapitelturm. Wunderschön eingebettet ist die Historie in das Hotel Schloss Tangermünde. Hier kann man noch Geschichte atmen und den Blick in die Niederung von Tanger und Elbe genießen, den einst auch Kaiser Karl IV. hatte.

Burgmuseum Tangermünde, Schlossfreiheit 5, geöffnet dienstags bis sonntags 13 bis 17 Uhr. Das Tangermünder Tourismus-Büro ist erreichbar unter 039322/2  23  93.