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Konzert 1000 Lebensjahre auf der Bühne

Karat, die Puhdys und City haben Musikgeschichte geschrieben. Die 15 ergrauten Musiker gaben zwei Konzerte in Magdeburg.

Von Thomas Linßner 14.05.2016, 01:01

Magdeburg l Die Puhdys, City und Karat stehen zusammengerechnet seit über 120 Jahren auf den Bühnen des Landes und haben über 40 Millionen Alben verkauft. Freunde der Statistik werden vom Tourmanager zu Beginn des Konzertes bedient, bevor er CD-Box und handsigniertes Rocklegenden-Plakat zum Kauf anpreist: Zusammen bringen sie rund 1000 Lebensjahre auf die Bühne. Fast alle sind jenseits der 60, einige haben die 70 überschritten. Der mit Abstand Jüngste ist Claudius Dreilich (45), der nach dem Tod seines Vaters Herbert dessen Platz als Frontsänger bei Karat eingenommen hat. Mit Hits wie „Alt wie ein Baum“, „Über sieben Brücken“ oder „Am Fenster“ haben die Bands ihren festen Platz auf dem deutschen Rock-Olymp erklommen.

Dann geht es los, mit deutscher Pünktlichkeit. 20 Uhr hebt sich der riesige Vorhang. Die Massen jubeln. Wer in die Getec-Arena gekommen ist, hat mindestens schon 50 Mal den Mai gesehen. Von Ausnahmen abgesehen: Norah (8) und Loren (5), die mit ihrer Familie aus dem Geiseltal angereist sind, singen munter mit.

Die drei Schlagzeuger trommeln gemeinsam den Auftakt-Song herbei. Es ist der umgetextete City-Titel „Wir sind wir“. Dann erhellt gut inszeniertes Scheinwerferlicht alle 15 Rock-Kameraden, die Schulterschluss zeigen. Über die Videowand schwebt der Rocklegendenadler. „Wir hab‘n was erlebt und meistens dasselbe, im Feinstaubrevier, zwischen Oder und Elbe“, singt Dieter „Maschine“ Birr. „Wir kennen uns aus, denn wir kennen uns von innen, seit ‘nem halben Jahrhundert und können ein Lied davon singen ...“ Der Drei-Akkord-Song hat Ohrwurmqualitäten. Man ahnt schon, dass der rockmusikalische Zusammenschluss mehr als Marketing-Strategie ist. In den Gesichtern der Akteure liest man Spielfreude. Am Ende des Songs gibt Dieter Birr seinem Kumpel, dem City-Frontmann Toni Krahl, einen Kuss auf die Glatze, um sich danach grinsend den Mund abzuwischen. Nur Puhdy-Keyboarder Peter Meyer – er ist mit 76 der Senior des Rock-Dreiers – macht sein Ding mit unbewegtem Gesicht.

Die knapp dreistündige Show mit Lichteffekten und historischen Videoschnipseln, die im Hintergrund flimmern, ist stimmig. Einer zeigt die Auszeichnung eines langhaarigen Musikers, vermutlich im Staatsratsgebäude. Doch man erkennt nicht, wer es ist. Wer nicht nur live hören will, hat auch was zu gucken.

Immer wieder tauschen die Bands untereinander die Musiker aus – die Truppe wirkt wie eine große Rock-WG.

„Wir werden so oft gefragt, ob wir ihn noch leiden können, noch gerne spielen und gerne singen. Wir sind stolz darauf, dass wir diesen Song haben, der von so vielen tollen Kollegen nachgespielt wird“, kündigt Claudius Dreilich den Überflieger „Über sieben Brücken“ an. Die Massen singen mit, nur das Keyboard gibt ein paar Akkorde vor. Magisch dann Citys „Am Fenster“, das die Band als Zugabe bringt.

Die Puhdys kommen als Letzte. Als ihr Konzertteil beginnt, hält es die Leute nicht mehr auf den Stühlen. Die Fans drängen bis unmittelbar vor die Bühne. Die Sicherheitsleute, die zuvor jeden auf den Platz verwiesen, der zu keck Fotos machen wollte, geben auf.