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Nach 30 Jahren endet die akademische Musikausbildung in Magdeburg Die besten Nachwuchsmusiker müssen nun woanders studieren

Von Liane Bornholdt 31.03.2010, 04:52

Vor sieben Jahren wurde die Schließung des Instituts für Musik an der Magdeburger Universität beschlossen. Am heutigen 31. März mit dem Ende des Herbstsemesters 2009 / 2010 ist der Prozess abgeschlossen. Es gibt keine hochschulische Musikausbildung mehr in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt und im ganzen Land kein musikalisches Diplomstudium.

Magdeburg. Als im April 2003 den Hochschulen und Universitäten des Landes aus dem Kultusministerium Sachsen-Anhalts " Planungsanstöße " zur Neuordnung der Hochschullandschaft zugingen, war eigentlich nur eines klar : Es musste gespart werden, und dafür sollte etwas verschwinden. Die " Anstöße " zielten u. a. auf das Institut für Musik an der Otto-v .-Guericke-Universität. In der politischen Sprache tauchten Begriffe auf wie " Konzentration " und " Synergieeffekte ", und unterstrichen wurden die " Planungsanstöße " mit dem Fluss der notwendigen Finanzmittel - oder auch Verzögerung dieses Flusses. Die Musikausbildung in Sachsen-Anhalt, so hieß es, sei in Halle zu konzentrieren.

Der Senat der Uni sah sich genötigt, die Schließung des Musikinstituts zu beschließen und damit die 30-jährige Tradition der Hochschulmusikausbildung in Magdeburg zu beenden, und dies gegen die Proteste der Magdeburger.

Es lohnt sich ein Blick auf die Anfänge : Als 1979 eine solche Ausbildung in Magdeburg begonnen hatte, waren dem Überlegungen vorausgegangen, die bis heute nichts an Aktualität verloren haben. Im Kulturministerium der DDR hatte man ausgerechnet, dass spätestens ab Mitte der 1990 er Jahre etliche der Theater und Orchester des Landes aus Mangel an musikalischem Berufsnachwuchs nicht mehr bespielbar sein würden. Statt zu den vier Musikhochschulen Berlin, Leipzig, Dresden und Weimar noch eine fünfte zu gründen, ging man einen anderen Weg. Ganz bewusst in den Orten, die keine traditionellen Musikzentren waren, wurden als kulturell-musikalische Kristallisationskeime Außenstellen der bestehenden Musikhochschulen etabliert. Musik und Kunst, so die treffende Überlegung, lassen sich nicht konzentrieren, denn sie entfalten sich in der Breite. So kam die " Stadt des Schwermaschinenbaus " mit einer Außenstelle der Leipziger Musikhochschule zur akademischen Musikerausbildung.

Und das Konzept hat Früchte getragen. Es kamen Musiker als Lehrkräfte nach Magdeburg, und einige der besten Nachwuchsmusiker konnten hier gehalten werden. Ein fruchtbares Zusammenwirken von Musikschul- und Hochschulausbildung sowie Theatermusikpraxis entwickelte sich. Als Leipzig nach der Neugründung der Länder 1990 " im hochschulpolitischen Ausland " lag, waren die Kräfte in Magdeburg stark genug, die professionelle Ausbildung von Musikern – Schwerpunktfächer waren Gesang und Gitarre – nicht abwickeln zu lassen.

Absolventen mit klangvollen Namen

Die Gründung einer Musikhochschule Sachsen-Anhalt allerdings gelang nicht. 1993 waren die Magdeburger Hochschulen, die Technische Hochschule, die Medizinische Akademie und die Pädagogische Hochschule zu einer Universität vereinigt worden. Mit letzterer kam auch der 1990 neu etablierte Lehramtsstudiengang ( Musiklehrer für Schulen ) an die Universität. Aus den von der " Außenstelle " stammenden künstlerischen Studiengängen, sowie der jungen Lehramtsausbildung der alten PH wurde am 1. Juli 1994 das Institut für Musik gegründet.

Der Fächerkanon wurde um den musikwissenschaftlichen Magisterstudiengang und die künstlerischen Fächer Klavier und Violine erweitert, und es wurden namhafte Professoren berufen. Das Magdeburger Institut für Musik hatte sich bald einen guten Ruf erworben, weit über Sachsen-Anhalt hinaus.

Unter den ehemaligen Studenten sind klangvolle Namen wie etwa die Bayreuth-Sängerin Ricarda Merbeth, die Chansoniers Tabea und Tobias Wollner oder Gero Wiest, heute Dirigent und Schauspielmusiker am Theater der Altmark, Matthias Krizek und die Kabarettistin Sabine Münz, das Vokalconsort Labia Vocalia, der renommierte Magdeburger Kammerchor … Darüber hinaus haben die Musikstudenten mit Opern- und Musicalprojekten, mit öffentlichen Konzerten, mit der Anleitung und Hilfe für Laienmusiker, Bands und Chöre die Kulturlandschaft entscheidend bereichert, es kam Nachwuchs an Musiklehrern für Schulen und Musikschulen aus dem Institut. Auch eine Belebung der Musikwirtschaft ging von dem kleinen Institut aus.

Mit dem Ende des Wintersemesters 2010 aber wird es am heutigen 31. März endgültig geschlossen, die letzten Musikstudenten verlassen die Einrichtung. Die Ausbildung soll in Halle weitergeführt werden. Die künstlerischen Diplomstudiengänge aber werden ersatzlos gestrichen. Die besten Nachwuchsmusiker des Landes müssen zum Diplom-Musikstudium nun Sachsen-Anhalt verlassen.