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Magdeburger Schriftstellerin hat einen Roman über die erste Frau Ottos des Großen geschrieben "Ich wollte zu ihrer Seele durchdringen"

Von Caroline Vongries 09.05.2012, 03:18

Regine Sondermann hat über Editha einen Roman geschrieben. Im Magdeburger Dom wird die Autorin das Buch morgen vorstellen.

Magdeburg l Was könnte, wenn es um Editha geht, ein besserer Treffpunkt sein als der Magdeburger Dom? Zumal mit einer Frau, die sich intensiv mit der ersten Gemahlin Ottos des Großen befasst und jetzt einen Roman vorgelegt hat ... Als im Januar 2009 die Wiederentdeckung der sterblichen Überreste der Königin bekannt wurde, stand für die Magdeburger Schriftstellerin Regine Sondermann sofort fest: "Das ist mein Thema." Dann hat sie sich "in die Quellen geworfen", wie sie sagt, Urkunden Chroniken, Aufsätze studiert.

Heute steht die 46-Jährige mit schwarzer Lederjacke, leicht geschminkt am Sandsteinsarkophag der Königin, die sie auf 287 Seiten selbst zu Wort kommen lässt. Für ihr Buch "Editha aus Wessex" hat Sondermann die Ich-Form gewählt. "Ihr wollt mich lieben, doch ihr kennt mich nicht", so beginnt die Geschichte, die sich direkt an das heutige Publikum wendet, zunächst in prophetischem Ton. "Ich wollte schon zu ihrer Seele durchdringen", sagt die Autorin.

"Ich war erschrocken, wie wenig von damals übriggeblieben ist"

Tausend Jahre sind eine lange Zeit. "Zuerst war ich erschrocken, wie wenig von damals noch übriggeblieben ist", sagt Sondermann, die in Nördlingen geboren ist, Halberstädter Wurzeln hat und mit ihrer Familie bereits seit 16 Jahren in Magdeburg lebt. Um einen Zugang zur mittelalterlichen Lebenswelt zu bekommen, hat sie sich mit Gegenständen beholfen, die Editha in den Händen gehabt haben könnte: zum Beispiel einem Kästchen, das mit der Ankunft der Prinzessin aus England hierher gelangt ist und sich heute in Braunschweig im Museum befindet.

Am Anfang war die Königstochter, die aus einem der führenden und kulturell hochstehenden europäischen Königshäuser in die junge, dafür umso kriegerischere sächsische Dynastie einheiraten musste, für die Magdeburgerin des 21. Jahrhunderts vor allem "ein Opfer der Interessen ihrer Familie und der Politik". Nach und nach sei ihr klar geworden, dass Editha nie aufgehört hat, ihren kulturellen Wurzeln treu zu sein. Das habe sich zum Beispiel in der Gründung des Mauritiusklosters niedergeschlagen. Neu war für die studierte Germanistin und Slawistin, die sich schon früh der Frauenforschung verschrieben hat, der Gedanke, dass "natürlich auch Männer unter der rigiden Heiratspolitik zu leiden hatten." Namentlich Otto, denn der hatte bereits eine Frau, mit der er allerdings nicht verheiratet war, und ein Kind, als sein Vater für ihn aus politischen Gründen um die Hand der Engländerin anhalten lässt.

Dass sich Otto dennoch in Editha verliebt, wie es alle Überlieferungen bis heute behaupten, bleibt aber auch in Sondermanns Roman unangetastet. Dennoch ist das hier vorgestellte Bild der königlichen Ehe von Konflikten und Widersprüchen geprägt. Die Grausamkeit der sächsischen Herrscher bei der Verbreitung des Christentums, insbesondere im Umgang mit der slawischen Bevölkerung, steht im Mittelpunkt. "Wie hat Editha das nur ausgehalten?", ist eine der Grundfragen. Für die Autorin selbst ist das Buch auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen christlichen Herkunft. Wertvoll sei für sie die Erkenntnis, "dass es damals, anders als in den Jahrhunderten, die folgten, vor allem die Frauen waren, die den Zugang zur Religion, zu den biblischen Texten hatten". Eine Tatsache, "die man uns in den Geschichtsbüchern bis heute vorenthält", so Sondermann.

Doch auch Otto der Große ist ihr nähergekommen: "Wie zielstrebig er Konflikte in seiner Umgebung provoziert und jeden brüskiert hat", sagt Sondermann. "Ich hätte nie gedacht, dass es so etwas wie eine Begabung zur Macht gibt, doch Otto ist die Verkörperung dessen. Er bricht alle Regeln."

Eine Entdeckung waren für sie weitere Frauenfiguren der ottonischen Familie: Mathilde, die Mutter Ottos des Großen, nimmt Sondermann genauso als kämpferische Frau wahr wie Ottos Schwester Gerberga, die zunächst Herzogin von Lothringen später Königin des Westfrankenreichs wird. "Gerberga hat einfach ihr Ding gemacht", schwärmt Regine Sondermann. Die Schwester Ottos habe ihren Rahmen stärker ausgeschöpft als es seiner Frau Editha möglich gewesen sei.

Regine Sondermann: Editha aus Wessex. Gemahlin Ottos des Großen. Eine Königin im Mittelalter. Magdeburg, Mauritius-Verlag 2012, ISBN: 978-3-939884-16-3. Buchpremiere: 10. Mai, 19 Uhr, Magdeburger Dom