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Wiesenhof  In Asien ganz groß: Paddel und Zunge

In Reuden werden täglich 40 000 Enten verpackt. In Möckern geht es ums Hühnchen. Beides sind Wiesenhof-Firmen.

Von Franziska Ellrich 10.09.2015, 21:24

Zerbst/Möckern l Im Alter von 42 Tagen werden die Peking-Enten geschlachtet. Dann wiegen die Tiere rund drei Kilogramm, nach der Verarbeitung sind davon zwei Kilogramm für den Verzehr übrig. Diese Arbeit machen 150 Leute am Wiesenhof-Standort im Zerbster Ortsteil Reuden. Zur Weihnachtszeit sind es sogar 250 Mitarbeiter.

Diese Zahlen nennt Wiesenhof-Geschäftsführer Michael Bügener am Dienstag gegenüber Hartmut Möllring, Sachsen-Anhalts Minister für Wissenschaft und Wirtschaft. Er ist der Einladung seines Parteikollegen CDU-Landtagsabgeordneter Dietmar Krause gefolgt. Um einen Blick in den Schlachthof zu werfen, der täglich Enten für elf Lkw-Ladungen vorbereitet. Zwei Drittel davon sind für die Asia-Gastronomie, der Rest für den Supermarkt.

„Selbst bereiten die Deutschen Ente lieber im Winter zu, aber im Asia-Restaurant bestellen sie auch im Sommer gern Ente“, spricht Michael Bügener aus Erfahrung. Gegenüber dem Hähnchen und der Pute sei die Ente noch immer ein Exot. Die Zahlen am Möckeraner Wiesenhof-Standort sprechen für sich: Dort werden täglich 160 000 Hähnchen verarbeitet.

Doch Bügener ist dabei alles aus der Ente herauszuholen und zählt seine neuen Produkt-ideen dem Minister auf: Entenleberpastete, Enten-Frühstücksfleisch, Enten-Krakauer und Enten-Knackwurst. Das alles sei in Zusammenarbeit mit Studenten der Köthener Hochschule entstanden. Die Enten dafür kommen von Höfen aus Sachsen-Anhalt sowie den benachbarten Bundesländern Brandenburg und Niedersachsen.

Der Minister ist beeindruckt und will den Schlachthof von innen sehen. Dafür muss er in Schutzkleidung und Haarkappe schlüpfen, Schuhe und Hände desinfizieren. Bei einer Führung mit Betriebsleiter Jan Blaue wird es kalt. Minus 24 Grad beträgt die Temperatur in den hohen Lagerräumen. Die Kabine vom Staplerfahrer ist beheizt. Die weißen Kittel der kleinen Exkursionsgruppe nicht. Also weiter zur Verarbeitung. An einem langen Förderband fliegen die toten Enten durch den Raum, werden verarbeitet und verpackt. Dabei ist jeder Karton dem Betriebsleiter zufolge „genau gekennzeichnet und ein Unikat“.

Die Tiere werden dann bundesweit ausgeliefert, sogar europaweit und nach Asien exportiert. Russland stand auch mal auf dem Plan, das habe man aber schnell wieder aufgegeben. Zehnköpfige Prüfkommissionen seien vorbei gekommen, hätten teure Kontrollen verlangt und sogar umständlich die Enten auf Radioaktivität getestet. Das lief mit dem asiatischen Markt leichter: „Dort sind besonders die Zunge, die Paddel und der Kopf beliebt“, sagt Bügener. Alles am Tier werde verarbeitet. Der Geschäftsführer macht deutlich: Was die Entenbrust letztlich in Deutschland im Laden kostet, hänge gar nicht so sehr vom Endverbraucher ab, sondern vom Handel. Der Handel gibt Gewicht und Preis vor, der Produzent muss sich darauf einstellen. „Mit dem Fleisch werden die Leute in die Läden gezogen“, so Bügener.

Aber das möchte der Geschäftsführer gar nicht weiter mit dem Minister diskutieren. Sein Anliegen dreht sich um den Anschluss des Schlachthofes an das Erdgasnetz. Ein „Riesen-Projekt, das viele hundertausend Euro kostet“. Bügener fragt nach Fördermöglichkeiten. Die könnten Möllring zufolge mit der Investitionsbank ausgelotet werden. „Die Förderbedingungen haben sich geändert, es geht jetzt nicht mehr nur um die Schaffung neuer Arbeitsplätze, sondern auch um den Erhalt von Arbeitsplätzen“, macht der Wirtschaftsminister Mut.

Was Bügener neben der plötzlich für Lkw gesperrten Zufahrtsstraße zu seinem Betrieb noch Sorge bereitet, sind Arbeitsgenehmigungen. „Wir sind international aufgestellt“, erklärt der Geschäftsführer. Ein großer Teil Polen arbeite für ihn, aber auch Afrikaner. Denn: Bei Wiesenhof wird auch das für den arabischen Raum wichtige Halal-Fleisch geschlachtet und dafür müssen Moslems vor Ort sein. Einer hat sich gerade bei Bügener beworben, darf aber laut Ausländerbehörde nicht arbeiten. Möllring will sich den Fall noch mal genauer ansehen. Michael Bügener liegt das am Herzen: „Es ist schwierig für uns, wir wollen die Menschen gerne einstellen und integrieren, aber dürfen es nicht.“