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Flüchtlinge „Altengrabow ist eine Notlösung“

Auf dem Bundeswehr-Gelände Altengrabow werden rund 400 Flüchtlinge untergebracht. Darüber wurde in Dörnitz informiert.

Von Bettina Schütze 06.10.2015, 15:00

Dörnitz l „Altengrabow ist eine absolute Notlösung und keine gute dauerhafte Lösung. Es ist eine Erstaufnahmestelle und eine Außenstelle des Landes“, machte Lutz-Georg Berkling, zuständiger Stabsleiter im Innenministerium, deutlich. Dass diese nicht dauerhaft besteht, könne er aber nicht garantieren. Wahrscheinlich 400 Männer (Dörnitz hat 214 Einwohner) sollen in Kürze in zwei Liegenschaften des Truppenübungsplatzes untergebracht werden. In der ohnehin schon aufgeheizten Atmosphäre, die geprägt war „von Angst um unser Leben“, regte sich weiterer Unmut. Die Verweildauer solle voraussichtlich drei Wochen pro Flüchtling dauern.

Der übenden Truppe musste abgesagt werden. „Die sollen doch unser Land verteidigen“, rief ein Gast dazwischen. Für die Zeit des Aufenthaltes der Flüchtlinge ist nur Tagesbetrieb angesagt. Um die militärische Sicherheit des Truppenübungsplatzes zu gewährleisten, erfolgt eine „Auszäunung“, erklärte Oberstleutnant Eugen Pooch, Kommandant des Truppenübungsplatzes. „Hoffentlich ist der Zaun hoch genug“, tönte es aus dem Saal. Der Zugang zu den beiden Unterkünften erfolgt über einen separaten Zugang von der Kreisstraße. Zwischenruf aus dem Publikum: „Damit sie im Dorf rumlaufen können.“ Der Zaun soll am Donnerstag geliefert werden. Erst wenn die Zuwegung fertiggestellt und der Zaun aufgestellt ist, dürfen die Flüchtlinge in die Unterkunft. Die Absicherung der Waffen sei gewährleistet, versicherte der Kommandant.

„Wir reden hier von Leuten, die Angst um ihr Leben haben.“

Polizeioberrat Christian Fenderl

Beifall erntete ein Rufer, der meinte: „Neun von zehn sind doch keine Flüchtlinge. Die haben falsche Pässe. Wie können Sie unsere Sicherheit garantieren?“

Polizeioberrat Christian Fenderl, Leiter des Polizeirevieres Jerichower Land, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Wir reden hier von Leuten, die Angst um ihr Leben haben. Es ist nachvollziehbar und menschlich, dass Sie Ängste haben.“ Er machte deutlich, dass „wir uns als Polizeirevier anders aufstellen müssen“. So soll die Präsens deutlich erhöht werden. Christian Fenderl: „Zwei Streifen reichen nicht.“ Und Möckerns Stadtbürgermeister Frank von Holly stellte klar: „Die Polizei war bisher immer auf die örtliche Lage eingestellt.“ Die Personen und Dokumente der Flüchtlinge werden überprüft, bevor sie nach Altengrabow kommen. Dies und die Erstaufnahmeuntersuchung sollen, so Lutz-Georg Berkling, im Institut für Brand- und Katastrophenschutz (IBK) Heyrothsberge erfolgen. Über einen Sicherheitsdienst soll die Sicherheit mit gewährleistet werden.

Wie wird die medizinische Betreuung und Versorgung der Flüchtlinge abgesichert? Voraussichtlich mit dem Roten Kreuz soll eine Vereinbarung abgeschlossen werden Der Betreuungsschlüssel, so Berkling, liege bei 1:100. Auch Honorarverträge mit Ärzten und Schwestern soll es geben. Die Verpflegung werde über ein Catering abgesichert. Mit dem Kantinenbetreiber soll über eine Grundversorgung gesprochen werden. Der Stabsleiter stellte auch klar, dass für diese Flüchtlinge keine Schulpflicht und kein Kita-Besuch gelte.

Die Ablehnung der Flüchtlinge wurde durch viele Redner deutlich. So erntete Waldemar Schulz aus Paplitz Beifall für „Der Islam hat doch nichts für Frauen über. Die Frauen hier haben nichts zu lachen. Ich habe nichts gegen Flüchtlinge, aber etwas gegen Wirtschaftsflüchtlinge“. Und ein anderer ergänzte: „Das sind alles nur Flüchtlinge, die hier auf unsere Kosten leben.“

„Es wird immer nur vom Negativen gesprochen. Gebt ihnen doch einfach mal eine Chance.“

Conny Vietmeyer, Ortsbürgermeisterin Drewitz

Dem hielt Christiane Vibrans aus Möckern entgegen: „Haben Sie schon mal Kontakt mit Flüchtlingen gehabt? Waren Sie schon einmal in einer Flüchtlingsunterkunft?“ Stadträtin Angelika Engel meinte: „Die Flüchtlinge haben noch mehr Angst als Sie.“

Möckerns Pfarrer Martin Vibrans: „Ich denke, dass sich die Ängste legen werden. Die Ängste sind unbegründet. Das sind Menschen wie wir.“ Und die Dörnitzerin Doreen Fricke blickte zurück: „Wir haben hier mit 70 000 Russen gelebt. Das hat auch funktioniert.“ Die Drewitzer Ortsbürgermeisterin Conny Vietmeyer gestand, auch Angst zu haben, aber „Es wird nur vom Negativen gesprochen. Gebt ihnen doch einfach mal eine Chance. Es nützt nichts, Panik zu verbreiten“. Sie forderte, dass „die Leute hier zu ihrem Wort, unsere Sicherheit zu gewährleisten, stehen. Ich verlasse mich darauf“.

Frank von Holly betonte, dass man „die Ängste nicht kleinreden, aber auch keine überhöhten Ängste schüren wolle“. Er lehnte es (noch) ab, einen ständigen Ansprechpartner, wie von einem Bürger gefordert, im Dorfgemeinschaftshaus zu platzieren. „Dafür besteht derzeit kein Bedarf.“

Landrat Steffen Burchhardt (SPD) äußerte sich während der rund zweieinhalbstündigen Veranstaltung nicht.