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Natur Biber beschäftigt Bauern und Behörden

Überflutete Äcker, abgenagte Windschutzstreifen - der Biber wird den Landwirten in der Region an manchen Stellen zu einem echten Problem.

Von Stephen Zechendorf 11.02.2016, 10:00

Tryppehna/Ziepel l Ortstermin auf einem Acker zwischen Zeddenick, Ziepel und Tryppehna. Die Anwesenden: die Möckeraner Landwirte Christoph und Hans-Dietrich Graf vom Hagen, Uwe Fröhlich von der unteren Naturschutzbehörde im Landkreis, Edgar Grund vom Landesbauernverband, Annett Schumann vom Biosphärenreservat Mittelebe, der Geschäftsführer des Ehle-Ihle-Gewässerverbandes Oliver Uhlmann mit Mitarbeiter Ulf Hase.

Nur einer ist nicht zu sehen, ausgerechnet derjenige, um den es sich hier eigentlich doch dreht: der Biber.

Doch das durch europaweit geltende Richtlinien streng geschützte Tier ist da, sind sich alle einig: Abgenagte Baumstümpfe, Röhren im Flussbett des Vorfluters, nasse Ackerrandstreifen und zahlreiche Biberdämme, die vom Ehle-Ihle-Verband mit Genehmigung des Landkreises und Zustimmung der Biberreferenzstelle entfernt worden sind.

Im aktuellen Fall dürfte der Biber über die Woltersdorfer Klappermühle bis zu dem Vorfluter gewandert sein. Hier bewohnt er einen kleinen angrenzenden See und staut zusätzlich den Graben auf. Das führte zu Böschungseinbrüchen und sogar dazu, dass eine verrohrte Überfahrt zwischen zwei Äckern nicht mehr genutzt werden konnte.

„Wir wollen den Biber ja nicht ganz vertreiben, betonen die Landwirte vom Hagen, betont der Justitiar des Landesbauernverbandes und auch die Männer vom Gewässerverband. „Aber so wie es jetzt ist, kann es auch nicht bleiben.“ Mehrmals im Jahr entdecken die Bauern neue Biberdämme, müssen daher wiederholt dem Ehle-Ihle-Verband Bescheid geben, der wiederum mit hohen Kosten und Verwaltungsaufwand die Dämme entfernt. „So schaffen wir unsere eigentliche Arbeit kaum noch“, sagt Geschäftsführer Uhlmann.

Fakt ist: der einstmals fast ausgestorbene Biber hat sich die Gewässer Sachsen-Anhalts wieder zurückerobert. „Ich kenne kein Gewässer, wo er nicht ist“, sagt Edgar Grund.

Uneinigkeit herrscht bei der Frage: „Wie weit darf der Biber gehen?“ Denn nach Ansicht des Bauernverbandes gehören die Fließgraben nicht zu den natürlichen Gewässern und dürfen daher auch nicht als natürliche Heimat von Bibern betrachtet werden: „Ein Fließgraben wurde von Menschen angelegt, um die Äcker zu entwässern. Gäbe es sie nicht, käme auch kein Biber“, argumentiert LBV-Justitiar Edgar Grund. Er sagt: Die natürlichen Reviere sind besetzt, damit ist die Population auf dem höchstmöglichen Stand.“ Er fordert eine politische Entscheidung nach Brandenburger Vorbild. Hier gibt es eine Verordnung, nach der Biber entnommen und auch getötet werden dürfen, wenn erhebliche Schäden für die Landwirtschaft oder Verkehrswege entstehen.

„Wir müssen überlegen, wie ein Kompromiss gefunden werden kann, mit dem alle leben können, Biber und Bauern“, sagt Annett Schumann vom Biosphärenreservat. Im konkreten Fall findet sich eine Lösung: Um den hohen bürokratischen und technischen Aufwand zu reduzieren, wird für drei Jahre der kleine Dienstweg erlaubt: Begrenzt auf einen kurzen, klar definierten Abschnitt im Bereich des Fließgrabens wird dem Ehle-Ihle-Verband gestattet, Dämme des Bibers ohne vorherige Beantragung beim Landkreis und Biberreferenzstelle zu entfernen. Dabei darf er sich als Erfüllungsgehilfe der bewirtschaftenden Landwirte bedienen. Bedeutet: die Landwirte können selbst schnell reagieren, wenn der Biber mit seiner Bautätigkeit im Graben Schäden anzurichten droht. Annett Schumann macht ganz klar deutlich: „Der Biber darf nicht vertrieben werden, seine Burg im Teich bleibt unberührt.“

Landwirt Christoph vom Hagen betont, dass er den kleinen See neben den familieneigenen Feldern als ein Juwel der Natur sieht. „Wir sind daher ökologische Gewinner aber auch finanzielle Verlierer.“

Auch Angaben zum Biberbestand im Landkreis Jerichower Land kann Annett Schumann machen. Die Erfassungen werden durch den Arbeitskreis Biberschutz in Zusammenarbeit mit der Landesreferenzstelle für Biberschutz und den unteren Naturschutzbehörden der Landkreise durchgeführt. „Im Ergebnis der Kartierung 2012/13 sind im Jerichower Land etwa 59 besetzte Biberreviere zu verzeichnen, das entspricht etwa einem Bestand von etwa 195 Bibern.“ In Sachsen-Anhalt ergab die Auswertung einen Bestand von etwa 965 besetzten Revieren mit um die 3185 Bibern.