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Müllskandal Rolle des Bergbauamts durchleuchtet

Im Prozess um illegale Müllablagerungen in den Tongruben von Möckern und Vehlitz steht die Rolle des Bergbauamtes zur Debatte.

Von Andreas Mangiras 05.04.2016, 07:00

Burg/Magdeburg l Pünktlich um 16.30 Uhr musste gestern die Verhandlung um Bestechung und Bestechlichkeit im Zusammenhang mit der Einlagerung von rund 1,3 Millionen Tonnen Müll in den Tongruben Möckern und Vehlitz beendet sein. Grund waren ab dieser Zeit geplante Akustikproben in den historischen Verhandlungssälen des Landgerichtes Magdeburg, unter anderem Pistolenschüsse – mit Platzpatronen. „Die Polizei ist auch informiert“, versicherte Gerhard Köneke, der Vorsitzende Richter an der Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Magdeburg. Er hielt die Spannung oben, indem er offen ließ, wofür die Knalltests gedacht sind.

Spannend ging es auch in der eigentlichen Verhandlung zu. Nur zwei Zeugen hatte die Kammer für den Tag geladen.

Zum einen handelt es sich um Armin Forker (68), der bis zu seiner Ablösung am 12. März 2008 Präsident des im Jahr 2001 gegründeten Landesamtes für Geologie und Bergbauwesen (LAGB) gewesen war. Zweiter Zeuge war Dr. Peter Klamser (59), der Forker kommissarisch als LAGB-Leiter ablöste.

Das LAGB ist die zentrale Behörde, die sich um Genehmigung, Betrieb und Kontrolle der Tongruben Vehlitz und Möckern zu kümmern hatte. Da in den Gruben mineralische Abfallstoffe eingelagert wurden, war auch das Umweltamt des Kreises Jerichower Land in erheblichem Maße eingebunden.

Dr. Peter Klamser stellte klar, dass es 2008 vor allem in der Tongrube Möckern, die bereits mit Müll verfüllt war, erheblichen Handlungsbedarf gegeben habe. Das hätten Vor-Ort-Kontrollen ergeben. Es habe eine enorme Belästigung für die Bevölkerung wegen aufsteigender Schwefelwasserstoff-Gase gegeben. Die Proben hätten ergeben, dass der Anteil von organischem Material in dem als mineralischer Abfall deklarierten und eingelagerten Müll um das Zehnfache höher lag als erlaubt. Da spielte es keine Rolle, ob es nach den Werten der Genehmigung oder nach neuem Recht gehe, auf das der Betrieb im März 2008 umgestellt worden war.

„Es stank erheblich, man konnte nicht auf der Terrasse sitzen. Es war unerträglich“, erläuterte Dr. Klamser. Es habe viele Beschwerden aus der Bevölkerung gegeben. „Die Geruchsbelästigungen waren in jeder Hinsicht problematisch.“ Klamser räumte ein, dass von den Gasen Gefahren ausgingen, unter anderem im Arbeitsschutz für die Mitarbeiter in der Ziegelei.

Armin Forker, seit 2013 in Pension, räumte ein, bis heute von der Ablösung als Präsident tief betroffen zu sein. Er sei früh am 12. März 2008 zu Staatssekretär Thomas Pleye ins Wirtschaftsministerium bestellt worden. Dort hätte er seine Suspendierung und Abordnung ins Wirtschaftsministerium erhalten. Am Abend vorher war im ZDF in der Sendung „Frontal 21“ erstmals bundesweit über einen Müllskandal in den Tongruben Sachsen-Anhalt berichtet worden. Gegenüber dem damaligen Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) habe er, so Forker, darum gebeten, weiter als Präsident arbeiten zu können. Es habe keinen Zweck gehabt.

Auf die Frage von Finzelberg-Verteidiger Andreas Meschkat, was der Grund für seine Ablösung gewesen sei, sagte Forker: „Es war der politische Druck, nein, ich habe ihn nicht verspürt.“

In der Befragung von Oberstaatsanwältin Verena Borstell musste Forker einräumen, dass er von falsch deklarierten Lieferungen nach Vehlitz nichts gewusst habe.

Diese seien aber bereits im März 2007 festgestellt worden, so Borstell. In Vehlitz lagerten zu diesem Zeitpunkt schon 70 000 Tonnen organische Stoffe. Das gehe aus einem Emailverkehr in der Kreisverwaltung hervor. Es gebe dringenden Gesprächsbedarf mit dem Bergamt, heiß es dort. Ohne Vor-Ort-Kontrollen könnte nicht gesagt werden, was real in den Tongruben verbaut würde.

Forker verwies darauf, dass das LAGB 160 Unternehmen im Land zu kontrollieren hatte. Der hohe Kontrollbedarf in Möckern-Vehlitz sei schon ungewöhnlich gewesen. Er sagte, dass der Kreis angestrebt habe, einen Teil der Tongruben in eine Deponie umwidmen zu lassen. Ex-Landrat Finzelberg wies dies zurück.

Der Prozess hatte im Oktober 2015 begonnen und ist bisher bis 2017 geplant. Er soll klären, ob es für die Genehmigung von Müll in Größenordnungen, darunter erhebliche Mengen Hausmüll, in die Tongruben, Bestechungen gegeben hat. Es sollen mindestens 260 000 Euro Bestechungsgelder an Finzelberg geflossen sein. Der Angeklagte bestreitet, bestochen worden zu sein.