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Ministerbesuch Landwirte beklagen viele Kontrollen

In Wiepke fand das erste Jungbauerntreffen mit Ministerin Claudia Dalbert statt. Es war ein Gespräch am Frühstückstisch.

Von Ilka Marten 20.12.2016, 02:00

Wiepke l Die Frühstückspause gab es später als geplant. Sehr groß war doch der Redebedarf, den Landwirte am Sonnabend mit Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert hatten. Es war das erste politische Jungbauerntreffen, das im Rahmen der Patenschaft der Ministerin für die Biohof Becker GbR auf dem Betriebshof in Wiepke stattfand.

Dalbert begleitet die Becker GbR in der zweijährigen Umstellungsphase auf Bio-Produktion. „Wir möchten, dass die nachrückende Generation an einen Tisch kommt“, sagte Linda Becker vom gastgebenden Betrieb, den ihre Eltern Kerstin und Michael Becker leiten. „Wir brauchen einen Bezug zueinander.“ Zu Gast waren viele Bauern aus der Altmark, aber auch aus dem Bördekreis und sogar aus Köthen.

Eine Grundfrage, die diskutiert wurde: Wie ist die Ausrichtung der Landwirtschaft für die Zukunft? Sollten Landwirte nur ein Standbein oder mehrere haben? Dalbert: „Was wollen die Betroffenen?“ Sie kündigte an, dass ein Leitbild für die Landwirtschaft 2030 erarbeitet werden soll. „Mit Leuten aus der Praxis, Wissenschaft und Verbänden.“ Dazu gehöre unter anderem das Thema Boden in Bauernhand, es gehe um die Entwicklung der Landwirtschaft und Umweltschutz, die Förderung regionaler Produkte. Als Beispiel nannte Dalbert eine Altmarkmilch, die auch in der Region vertrieben wird.

Ein weiterer Punkt, der auch im Koalitionsvertrag festgehalten sei, ist die Stärkung des Bio-Segmentes. Aus ihrer Sicht gelte für Betriebe jeglicher Art nicht: Je größer, desto besser, betonte Dalbert. „Das müssen wir mit den Leuten vor Ort diskutieren“, deswegen begrüße sie so eine Zusammenkunft wie das Jungbauerntreffen.

Als Patin für die Becker GbR „sieht man, wie viele kleine Schritte bei so einer Umstellung nötig sind“, so die Ministerin. Es sei für sie als Ministerin hilf- und lehrreich, so ein Projekt in der Praxis zu begleiten. Vielfach seien es Probleme in der Infrastruktur, die Landwirten das Leben schwer machen. Als Beispiel nannte sie: „Wir haben in Sachsen-Anhalt keine Bio-Molkerei und keine Bio-Schlachterei.“ Überhaupt sei es ein Problem, weil es kaum noch kleine Schlachtereien gebe. Die Ministerin: „Das haben wir als Problem identifiziert.“

Thema in der Runde waren auch die vielen Kontrollen, die Landwirte stets und ständig erdulden müssen. „Das ist mir als Problem bewusst“, so die Ministerin. Und mit Blick auf die Zuhörer sagte sie: „Das ist nicht nur für Sie unerträglich, auch für meine Leute.“ Doch es gebe Vorgaben der EU, die erfüllt werden müssten, um Fördergelder ausgeben zu können. Ein Beispiel aus der Praxis brachte Christian Mahlow, Geschäftsführerin der LEG Berge: Zur Grünlandvermessung seien zwei Mitarbeiter vom ALFF bei ihm gewesen, dazu zwei weitere vom Landesverwaltungsamt, dazu zwei von der EU und drei Fahrer: „Ich fand es ein bisschen wie die Muppet-Show.“ Die ganze Aktion habe mehrere tausend Euro gekostet. Am Ende kam raus, dass die Abmaße des Grünlandes korrekt waren. Mahlow deutlich: „Man muss auch ein bisschen Vertrauen zu uns haben.“ Dalbert sagte dazu: „Diese Episode ist relativ absurd“, betonte aber, dass auch die Mitarbeiter des Ministeriums von der EU kontrolliert werden.

Sie verwies auf eine aktuelle Initiative aus Sachsen, die sich bemühe, Bürokratie zu entschlacken – und trotzdem EU-konform zu sein. Außerdem habe sie mit Finanzminister André Schröder bereits darüber gesprochen, was an Vereinfachung bei Fördermittelanträgen möglich sei.