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Bildung Sozialminister in der Schule

Die Vorschule des Landesbildungszentrums in Halberstadt darf keine hörgeschädigten Kinder mehr aufnehmen.

Von Sabine Scholz 31.08.2015, 18:28

Halberstadt l So richtig wusste Norbert Bischoff (SPD) zu Beginn nicht, warum er als Sozialminister in eine Schule eingeladen wird, für die das Kultusministerium zuständig ist. Aber er folgte der Einladung, die Landtagsabgeordnete Frauke Weiß (CDU) ausgesprochen hatte und wurde freundlich begrüßt im Landesbildungszentrum (LBZ) für Hörgeschädigte in Halberstadt.

Nach den Informationen von Schulleiter Martin Eggert dämmert es dem Minister und eine Nachfrage brachte Gewissheit: Es geht um Geld. Geld, das das Kultusministerium bislang freiwillig für die Vorschule im LBZ zahlte. Da dort Kinder ab dem dritten Lebensjahr gefördert werden, falle dies als Kindergarten-Einrichtung aber in die Zuständigkeit des Sozialministeriums hieß es Anfang des Jahres. Dazu die klare Anweisung: ab August dürfen keine neuen Kinder in den Vorschulbereich aufgenommen werden. Ein Aus auf Raten also, und das zum Jubiläum des 60-jährigen Bestehens.

Während Martin Eggert zunächst sehr sachlich über das besondere, sehr vielfältige Aufgabenspektrum der Einrichtung und das neue Konzept das eine nur tageweise oder in einem Sechs-Wochen-Block angebotene Förderung für Vorschulkinder vorsieht darlegte, wurde Heide Dannenberg im Gespräch und beim anschließenden Rundgang deutlich emotionaler. Die Leiterin „Schulteil mit schulvorbereitenden Aufgaben im LBZ“, wie es formal korrekt heißt, ist seit Jahrzehnten in der Bildungseinrichtung tätig und ließ plastisch werden, warum das Aus für den Vorschulbereich für die betroffenen Kinder ein großer Verlust ist.

„Bei uns wird kein Kind betreut, das nicht zuvor die anderen Wege versucht hat“, betonte Heide Dannenberg. Das heißt, manche Kinder waren zunächst in Regelkindergärten, dann in integrativen Einrichtungen. Viele haben so wichtige Jahre für die Sprachentwicklung verloren, „denn 20 Minuten logopädische Förderung in der Wochen machen wenig Sinn bei einer Hörschädigung. Hörgeschädigte sind Augenmenschen, sie orientieren sich, fallen erstmal kaum damit auf, dass sie etwas nicht verstanden haben. Hier werden sie den ganzen Tag über mit dem Schwerpunkt auf Sprachentwicklung, Sprachverstehen betreut, das können die Kollegen in den Vor-Ort-Kindergärten gar nicht leisten, obwohl sie sehr engagiert sind, wie wir wissen.“

Beim Rundgang durch die Vorschulräume zeigte Heide Dannenberg praktisch, was sie zuvor berichtet hatte. Bis Kinder eine Frage wirklich verstehen, braucht es Zeit. Sonst sind die Begriffe nichts als Worthülsen. Zum Beispiel verlangt die Aufforderung, einem anderen Kind den Ball zu geben, dass das Kind tatsächlich losgeht und nicht einfach nur den Ball von sich stößt.

In Gesprächen betonten die Fachleute mehrfach, dass viele Kinder in den Kindergärten vor Ort gute Betreuung erfahren, eine überschaubare Gruppe von Kindern im Land aber eben die intensive, ganz auf sie ausgerichtete Förderung benötige, um später in der Schule dem Unterricht folgen zu können.

„Sie legen hier ganz wichtige Grundlagen“, sagte denn auch Norbert Bischoff am Ende seines Besuchs. „Ich nehme das auf jeden Fall mit“, versprach der Minister, dem zuvor noch von Beispielen in anderen Bundesländern berichtet worden war, in denen Kultus- und Sozialministerien Vereinbarungen zu diesem speziellen Thema getroffen hatten. Im Sinne der betroffenen Kinder und Eltern sollte das auch in Sachsen-Anhalt gelingen, so Frauke Weiß.