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Ausflug in die Geschichte Herzklopfen in der Wuster Katte-Gruft

Geschichtsunterricht hautnah erleben die Wuster Grundschüler alljährlich bei einem Besuch in der Kirche und der Katte-Gruft.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 07.09.2015, 01:01

Wust l Gemeindepädagogin Annett Komorowski erzählt den Schülern und auch anderen Besuchern gern die spannende Geschichte der Adelsfamilie von Katte, die in Wust auch mit dem Herrenhaus, der Gruft und der Orgel ihre Spuren hinterlassen hat. Der bekannteste Spross ist Hans-Hermann von Katte, der für seinen Freund, den Kronprinzen Friedrich, gestorben ist. Die beiden jungen Männer verband die Liebe zum Querflötenspiel und zur Literatur und sie feierten auch gern ausgelassen miteinander. Das missfiel dem Vater des Prinzen, der – als Soldatenkönig bekannt – Wert auf Disziplin und Sparsamkeit legte. Weil er der Strenge seines Vaters entgehen wollte, plante er seine Flucht nach England, wovon er seinem Freund natürlich erzählte. Doch die Flucht missglückte. Dennoch erfuhr der Soldatenkönig davon und auch, dass Hans-Hermann von Katte in die Pläne eingeweiht war und sie nicht preisgegeben hatte. Zunächst wurden beide in der Festung Küstrin eingesperrt.

Der König entschied, seinen Sohn am Leben zu lassen und Hans-Hermann hinzurichten. Das geschah dann auch am 6. November 1730. Auf dem Weg zum Köpfen soll der aus der Gefangenschaft zusehende Kronprinz seinem Freund zugerufen haben: „Verzeih, mein Freund!“ Dieser soll geantwortet haben: „Sir, da gibt es nichts zu verzeihen!“ und gab seinem Freund damit keine Schuld an seinem Tod.

Monate nach seiner Hinrichtung kam der Sarg mit Hans-Hermann zurück nach Hause nach Wust – das hatte der Vater Hans-Heinrich so gewollt.

Der hölzerne Sarg steht zusammen mit weiteren neun Särgen aus Sandstein und Marmor und Holz in der seit 1706 existierenden Ostgruft, in die Besucher von Zeit zu Zeit einen Blick werfen. Auch Annett Komorowski erzählte den Kindern, wer hier bestattet ist: Die hier zuerst Beigesetzte ist die Mutter von Hans-Herrmann, die schon mit 23 Jahren verstorben ist. Ihr folgten Hans-Herrmann und dann der Vater Hans-Heinrich, der in einem Marmorsarg liegt. Auch die zweite Frau von Hans-Heinrich fand hier ihre letzte Ruhe sowie deren zwei Söhne. Diese hatten sich beim Duellieren um das Erbe gegenseitig umgebracht. Da nun kein Erbe mehr da war, erbte Cousin Ludolf das Wuster Herrenhaus. Seine junge Frau, eine Französin, ließ die Orgel in die Wuster Kirche einbauen und den schönen Park anlegen. Und sie lud zu rauschenden Festen ins Herrenhaus, zu denen der Berliner Hochadel gern nach Wust kam. Nach ihrem Tod erbte ein Vetter aus der Katteschen Linie, „der Spieler“ genannt, alles. Doch er verspielte das ohnehin schon geringe Vermögen, bevor er bei einer Schlacht 1806 fiel. Sein Bruder, „der Stiefelkatte“, wurde entmündigt, weil die Ärzte ihm Idiotismus attestierten. Der verarmte Besitz fiel an Hans Aemilius von Katte und dessen Frau Marie. Die empfing den Dichter Theodor Fontane in Wust, der sich so sehr inspirieren ließ, dass der Ort und die Kirche in den berühmten „Wanderungen durch die Mark“ mit zwei Geschichten Erwähnung finden. Als Marie 1908 starb – ihr Sarg ist auch der zuletzt in die Gruft gestellte –, erbte eine illegitime Tochter das Herrenhaus. Sie heiratete einen von Pilgrim, die dann bis in die 1920er Jahre in Wust als verarmter Landadel residierten.

Interessiert hörten die Wuster Schüler, dass die Leichname der in der Gruft Liegenden nicht verwest sind, sondern bis auf Hans-Herrmann wegen der Umbettungen als Mu­mien daliegen. „Warum sie nicht verwest sind, kann man nicht sagen. Es liegt wohl an den klimatischen Verhältnissen in dem Raum mit zwei kleinen offenen Fenstern. Und jeder liegt auf einem Kopfkissen aus Bucheckern – vielleicht ist das auch der Grund ...“

Wer noch mehr über die Geschichte derer von Katte erfahren möchte, kann Kirche und Gruft gern besuchen. Sabine Schönfeld bietet zweimal in der Woche Kirchenführungen an. Anmeldungen sind erwünscht. Auch so manche Episode aus dem Leben der Adelsfamilie wird dann preisgegeben.

Die Särge bleiben übrigens fest verschlossen. Bei der letzten Öffnung Ende der 1980er Jahre, als die Stirnhöhlen vermessen wurden, um festzustellen, dass es tatsächlich alles Kattes sind, wurden Fotos gemacht, die in der Kirche hängen.