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Fachtagung Schwimmende Inseln und Schiffstour auf der Havel

Das Haus der Flüsse in Havelberg war Gastgeber für die Tagung „Forschung und Monitoring in Großschutzgebieten des Landes Sachsen-Anhalt“.

Von Andrea Schröder 02.05.2016, 15:22

Havelberg l Die Hochwasserkatastrophe im Juni 2013 hatte auf dem Schollener See für ein seltenes Naturphänomen gesorgt. Ein höherer Wasserspiegel und starker Wind sorgten dafür, dass sich am südlichen Ufer ein rund drei Hektar großes Stück Erlenwald löste und ans nordöstliche Ufer trieb. Das hatte nicht nur das Aussehen des Sees verändert, sondern auch die Förderung des Heilschlamms Pelose verhindert. Kleinere Inseln hatten sich bis dahin öfter mal gelöst und waren an eine andere Stelle geschwommen. In dem Ausmaß gab es das bisher nicht.

Für Dr. Henning Günther vom Institut für Umweltplanung der Universität Hannover war dieses Phänomen Anlass für eine Forschungsarbeit unter dem Titel „Erprobung und Evaluation von selbstschwimmenden Vegetationsstrukturen auf dem Schollener See“. Er stellte sie auf der Fachtagung vor.

Interessant sind die schwimmenden Inseln vor allem deshalb, weil sie lebende Inseln sind. Künstliche gibt es, doch bringen sie eben Kunststoff aufs Wasser. Die lebenden Inseln des Schollener Sees sind dagegen Natur pur, auf ihnen wachsen Pflanzen und leben Tiere. Grund genug, sie nachzubauen. An drei Standorten wurden fünf mal fünf Meter große Versuchsfelder auf dem See geschaffen, berichtet Henning Günther im Gespräch mit der Volksstimme. Die Idee ist, solche schwimmenden Strukturen später großflächig etwa auf künstlichen Seen anzulegen und eine Vegetation zu schaffen. Dafür wird zum Beispiel auch das Wind- und Wellenverhalten untersucht.

Themen zu Fließ- und Stillgewässern, zu den Auswirkungen der Klimaveränderung auf Auengrünland, Renaturierungsprojekte sowie die Eignung ausgewählter Arten der Säugetier-, Vogel- und Fischfauna zum Monitoring waren Themen der Referate am ersten Tag. Zu Beginn hatte Bürgermeister Bernd Poloski die Gäste im Haus der Flüsse willkommen geheißen und auf die gute Zusammenarbeit der Elb-Havel-Region mit dem Biosphärenreservat verwiesen. Er erinnerte an die Elbe-Erklärung von 1996, die mit dem Ziel, die wertvolle Fluss- und Auenlandschaft zu schützen, Einfluss auch auf die Bundeswasserstraßen und Binnenschifffahrt hatte. Verschiedene Interessengruppe arbeiteten daran, einen Konsens zu finden, vor allem auch beim Thema Havelrenaturierung. Inzwischen ist es schon gut gelungen, die große Chance, die eine natürliche Flusslandschaft bietet, zu erkennen und wirtschaftliche Impulse für die Regionalentwicklung zu nutzen.

Rad- und Wassertourismus entwickeln sich positiv, Naturführungen werden gern angenommen. Zeichen dafür, dass es sich lohnt, sich für Großschutzgebiete einzusetzen. Der Leiter der Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe, Guido Puhlmann, stimmte die Teilnehmer, unter die sich auch interessierte Zuhörer gemischt hatten, auf ein anspruchsvolles inhaltliches Programm ein. Am zweiten Tag der Tagung gab es eine Exkursion per Schiff in das Projektgebiet der Havelrenaturierung, an der auch Einwohner Havelbergs teilnahmen.

Projektleiter Rocco Buchta vom Naturschutzbund Nabu übernahm die fachliche Führung. Vorbereitet waren Karten, auf denen Maßnahmen wie Rückbau der Verwallungen, Initialisierung von Auenwäldern, Anschlüsse von Altarmen oder Rückbau von Deckwerken verzeichnet sind, so dass die Maßnahmen im Vorbeifahren mit dem MS „Präsident“ besser nachzuvollziehen waren.

Für den Maßnahmenkomplex 1, der sich von Havelberg bis kurz vor Strohdehne erstreckt, teilte Rocco Buchta mit, dass hier ab August bis Ende September nächsten Jahres Baumaßnahmen mit einem Auftragsvolumen von 2,7 Millionen Euro auch in Winterarbeit vorgenommen werden. Hans-Günther Rose, Ortschaftsratsmitglied aus Vehlgast-Kümmernitz, freute sich besonders über die Nachricht, dass Anfang Juli mit den Arbeiten zum Durchstich des Havelaltarmes in Vehlgast begonnen wird. Die Kosten dafür übernimmt der Nabu.

Im Zuge dieser Maßnahme könnten die Einwohner auch auf die Entstehung eines Badestrandes hoffen. Ebenso werde noch in diesem Sommer ein Altarm bei Vehlgast angeschlossen und die von der Kommune und der in Vehlgast ansässigen Fischereigenossenschaft geforderte Überfahrt realisiert. „Wir stehen da bei der Bevölkerung im Wort und werden auch hier die Kosten übernehmen“, sagte Rocco Buchta und fügte hinzu: „Zuverlässigkeit und Vertrauen sind unabdingbar bei der Umsetzung des Maßnahmenkomplexes.“ Angler und Fischer könnten sich übrigens freuen, denn schon jetzt sei ein starkes Hechtbrutgeschehen in den bereits geschaffenen Flachgewässern zu verzeichnen.