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Fachkräftemangel Die Ära Rats-Apotheke endet

Die Rats-Apotheke in Havelberg öffnet zum letzten Mal ihre Türen. Dann endet ihre fast 350-jährige Geschichte.

Von Andrea Schröder 30.09.2016, 01:01

Havelberg l Die Schließung der Rats-Apotheke auf der Havelberger Stadtinsel sorgt seit ein paar Wochen für Gesprächsstoff. Apotheker Dr. Frank Hommel hat seine Stammkunden per Brief darüber informiert, dass die traditionsreiche Apotheke zum 1. Oktober ihre Pforten schließt. „Ich sehe das mit mehr als einem weinenden Auge“, sagt der Havelberger, der in der Oberstadt auch die Dom-Apotheke betreibt. „Die Rats-Apotheke steht wirtschaftlich gut da. Im übernächsten Jahr wäre sie 350 Jahre alt geworden. Mit dem Namen Hommel ist sie durch meine Mutter seit 47 Jahren verbunden, mit mir seit 18 Jahren. So was gibt man nicht leichtfertig auf“, versichert er und nennt den Fachkräftemangel als Grund für seine Entscheidung.

Eine Kollegin ist bereits in Rente, eine weitere geht nächstes Jahr in den Ruhestand. „Ich bräuchte zwei approbierte Fachkräfte, um beide Apotheken weiterhin betreiben zu können“, erklärt Frank Hommel. „Ich wurde jetzt oft gefragt, ob ich nicht ausbilde. Doch so einfach ist das nicht. Fachkräfte benötigen das Abitur und ein fünfjähriges Hochschulstudium. Für die Waren, die wir verkaufen, ist pharmazeutisches Fachpersonal unumgänglich.“

Seit rund anderthalb Jahren hat er Anzeigen in Zeitungen geschaltet und an der Uni in Halle um Nachwuchs für seine Apotheken geworben. „Es will niemand aufs flache Land. Das trifft unsere Branche genauso wie andere auch. Von daher musste eine Entscheidung getroffen werden. Perspektivisch gesehen, ist die Dom-Apotheke oben in der Stadt einfach der bessere Standort. Hier leben 90 Prozent der Einwohner. Die Nahversorger befinden sich hier, viele verbinden den Apothekenbesuch mit dem Einkauf. Letztlich war es auch eine unternehmerische Entscheidung.“

Vor zwei Jahren hatte der Apotheker diese neue Filiale im einstigen Postamt in der Lindenstraße nach umfangreichen Sanierungsarbeiten als zweites Standbein eröffnet. Die Kunden werden immer älter, vielen fällt der Weg runter in die Altstadt schwerer. „Bei meinen Planungen vor vier, fünf Jahren habe ich das Personalproblem so nicht gesehen“, sagt er.

Nun müssen die Einwohner der Stadtinsel hoch in die Oberstadt, um eine Apotheke zu besuchen. Zwei gibt es dort. „Nichtsdestotrotz zeigen die Patienten und Kunden überwiegend Verständnis für diese Entscheidung. Wir sind ja nicht aus der Welt und der Boten- und Lieferdienst, der auch die Einwohner der Dörfer beliefert, funktioniert seit Jahren völlig unkompliziert“, so Frank Hommel, der das sechsköpfige Apothekenteam leitet.

Eine Nachfolgeverwendung für die Geschäftsräume der Rats-Apotheke gibt es bislang noch nicht. Die Einrichtung bleibt auch erstmal so erhalten.

Im Jahr 1668 hatte die Stadt Havelberg erstmals das sogenannte „königliche Privileg“ zum Betreiben einer Apotheke am Markt erhalten. Ursula Hommel wurde 1969 die staatliche Leiterin der Einrichtung. Nach der Wende privatisierte sie die Apotheke. 1993 zog die Rats-Apotheke in die Kirchstraße 8 um, wo sie sich bis heute befindet.

Mit medizinischen Themen bleibt das Haus auch weiterhin verbunden. Denn die von Dr. Hommel organisierte Informationsreihe im Äskulap-Info-Zentrum findet dort auch künftig statt. Und die Veranstaltungsreihe „Gesund leben in der Region Havelberg“ des KMG-Klinikums mit der Hansestadt und der Volksstimme unterstützt der Apotheker ebenfalls weiterhin.