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Kundgebungen „Klötze ist bunt statt braun“

Zwei Demonstrationszüge zogen am Samstag durch Klötze. Dabei kam es zu keinen größeren Zwischenfällen.

Von Siegmar Riedel 19.10.2015, 01:01

Klötze l „Wir haben den Platz vor dem Rathaus nicht ohne Grund gewählt. Wir wollen zeigen, dass hier Demokratie herrscht und nichts anderes.“ Mit diesen Worten beschrieb der Kuseyer Gemeindepädagoge Martin Zander das Ziel der Demonstration. Aufgerufen dazu hatte die evangelische Kirche und Bündnis 90/Die Grünen. Auf dem Platz fanden sich nach offiziellen Angaben rund 125 Menschen ein. Viele hatten Besen dabei. „Damit wollen wir den braunen Dreck von der Straße kehren“, kündigte Martin Zander an.

Ein Spruchband verkündete: „Nazis Nein Danke“. Andere Demonstranten hatten kurzfristig Plakate beschriftet. Zu den Teilnehmern zählten unter anderen Superintendent Matthias Heinrich, Kreis-CDU-Chef Peter Fernitz, Grünen-Sprecher Christian Franke, Einwohner von Klötze und sehr viele aus den umliegenden Orten.

„Klötze ist bunt statt braun“, verkündete Martin Zander. „Wir stehen hier für einen Altmarkkreis, der Flüchtlinge willkommen heißt.“ Dass es keinen Platz für rechte Hetze gibt und Klötze eine bunte Stadt sei, betonte Christian Franke. „Wir haben es immer mehr mit Menschen zu tun, die mit Ängsten spielen: Angst vor Krieg, Angst vor dem Fremden.“ Diesen Ängsten müsse Raum gegeben werden. „Es ist unsere Pflicht, den Menschen zu helfen“, sagte er und ging auf die Messerattacke gegen die Kölner Kandidatin für das Oberbürgermeisteramt, Henriette Reker, ein: „Gegen die Gewalt müssen wir uns stellen.“

Dass Hass und Angst schlechte Berater sind, betonte Peter Fernitz. „Wir haben es bei den Asylbewerbern mit Menschen zu tun, die geflohen sind vor Krieg und Vergewaltigungen. Deshalb sollten wir uns unsere Willkommenskultur bewahren“, sagte er. „Lassen sie uns nicht Angst machen von den Rechten.“ Der Klötzer SPD-Stadtrat Carsten Behrend zeigte sich „entsetzt davon, was in sozialen Medien für Hass unterwegs ist. Das sind eher asoziale Medien.“ Er sagte: „Das Recht der Meinungsfreiheit hört auf, wo das Leben von Menschen bedroht ist.“

Holger Dragon von der Piraten-Partei erinnerte daran, dass vor 25 Jahren auch viele Menschen aus der DDR geflohen seien. Er forderte auf: „Lasst uns Farbe bekennen und nicht den Rückwärtsgewandten den Rücken stärken.“

Pfarrer Bernd Schulz sagte: „Wir brauchen keine AfD, weil wir schon eine Alternative für Deutschland haben.“ Und zu den Demonstranten gewandt: „Ihr seid die Alternative.“ Barmherzigkeit gegenüber den Flüchtlingen sei das wichtigste, das wir brauchen. Auch gegenüber den Verwaltungen, die jetzt riesige Aufgaben zu bewältigen hätten. Seine Generation habe vor 25 Jahren schon einmal hier gestanden, um die Freiheit zu erkämpfen. „Diese Freiheit lassen wir uns nicht nehmen“, sagte Schulz und forderte auf: „Fangt an zu denken und stellt Euch auf die Seite des Humanismus.“ Der Pfarrer gestand: „Auch ich habe Angst vor der derzeitigen Situation, die wir meistern werden. Wir könnten weglaufen. Angst kann aber auch mobilisieren.“ Henning Britsch brachte es auf den Punkt: „Klötze hat 2000 Einwohner verloren. Wer im Zuzug einiger Familien ein Problem sieht, kann nicht ganz dicht sein.“

Gegen 18.30 Uhr zogen rund 110 Teilnehmer einer von der AfD unterstützten Demo vorbei. Mit dabei der AfD-Landes­chef André Poggenburg. Mit lauten Buh-Rufen wurden sie empfangen. Die Polizei trennte beide Seiten. Mit Rufen wie „Merkel muss weg“ und „Wir sind ein Volk“ zogen sie durch die Straßen zum Bahnhof. Eine Handvoll Klötzer reihte sich ein. Am Bahnhof redete Poggenburg zu der Gruppe. Fahrzeuge und Polizisten trennten sie von den Befürwortern einer Willkommenskultur. Poggenburg sprach von einer unkontrollierten Masseneinwanderung und freute sich über den Austritt des Magdeburger Oberbürgermeisters Lutz Trümper aus der SPD. Zudem kündigte er weitere Demos an.

Frank Semisch von der Polizei sprach von einer insgesamt ruhigen Situation. „Wir mussten keine größeren Maßnahmen ergreifen“, sagte er. Unterstützt wurden die eigenen Kräfte von der Bereitschaftspolizei. Wie viele Beamte im Einsatz waren, wollte er aus taktischen Gründen nicht sagen. Gegen 19.30 Uhr lösten sich die Demos auf.