Betrugsmasche Briefe an einen Toten

Erika Kruschke ist verärgert. Ein angeblich spanischer Anwalt stellt ihrem verstorbenen Mann eine ominöse Erbschaft in Aussicht.

Von Siegmar Riedel 05.12.2015, 02:00

Steimke l Das kam Erika Kruschke gleich spanisch vor: Vor wenigen Tagen fand sie einen Brief aus Spanien in ihrem Postkasten. Als Empfänger ist ihr Mann Achim Kruschke angegeben. „Mein Mann ist längst verstorben“, erzählt die Steimkerin. Okay, vielleicht sind die Daten des Mannes noch in einem Computer gespeichert. Doch in dem Brief kündigt ein vermeintlicher Anwalt aus dem sonnigen Süden in gebrochenem Deutsch eine Erbschaft an. Ein Philip Kruschke habe nach seinem Tod 10,5 Millionen US-Dollar hinterlassen, für die jetzt Erben gesucht würden. Doch ein Mann dieses Namens ist der Seniorin nicht bekannt. Auch das macht sie stutzig. Und sie erinnert sich, vor zwei Jahren schon einmal einen solchen Brief bekommen zu haben.

Erika Kruschke hat ihn noch zwischen ihren Unterlagen und vergleicht: „Beide Briefe haben fast identischen Wortlaut“, sagt sie und zeigt die Schriftstücke. Damit war für sie endgültig klar: Hier kann es sich nur um einen Schwindel handeln.

Wer sich das aktuelle Schreiben genauer ansieht, merkt schnell, dass es sich keinesfalls um den Brief eines Anwalts handeln kann: Es sind keinerlei Stempel einer Kanzlei zu finden. Die Unterschrift ist nicht original, sondern mehrfach über einen Kopierer gezogen beziehungsweise ausgedruckt. Das Deutsch ist dermaßen fehlerhaft, dass sich jeder Anwalt dafür schämen würde.

Um die Erbschaft zu erhalten, müsse die Steimkerin nichts weiter tun, als Kontakt mit dem angeblichen Anwalt aufzunehmen, per Telefon, Fax oder E-Mail.

Frank Semisch, Polizeisprecher in Salzwedel, kennt solche Briefe zur Genüge. Er warnt: „Vorausgesetzt, es bestehen keine verwandtschaftlichen Beziehungen wie in dem Brief angegeben, einfach ignorieren. Schon gar nicht Kontakt aufnehmen, wenn Vorleistungen wie Gebühren, Kontodaten oder Dokumente verlangt werden.“

Adressen werden in der ganzen Welt gehandelt. Damit verdienen Firmen sehr viel Geld. „Beispielsweise wird oft versucht, über Preisausschreiben an solche persönlichen Daten zu kommen“, erläutert Frank Semisch. Auch würden Betrüger Anzeigen auswerten, um so an Kontakte und an das Ersparte der Betroffenen zu gelangen.

„Gerne werden dafür Senioren ausgesucht, weil die Täter davon ausgehen, ältere Menschen sind eventuell nicht so aufmerksam und kritisch und fallen eher auf solchen Schwindel herein“, sagt der Sprecher.

Wenn jemand aber der Meinung ist, er hat einen solchen Verwandten, an einer Erbschaft könnte etwas dran sein, dann solle er die Unterlagen einer Vertrauensperson in der Verwandtschaft oder im Bekanntenkreis zeigen, um eine weitere Meinung einzuholen, empfiehlt Semisch. Auch Verbraucherschutzorganisationen können kontaktiert werden. Sie kennen solche Briefe oder ähnlich gelagerte Fälle und können sie auch bewerten, sagt Frank Semisch. Er rät zudem, besonders in der Weihnachtszeit genau hinzuschauen, wem man Spenden zukommen lässt.