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Ausstellung Zirkus ums Museum mit Happy End

Einzigartige Sammlung zur Zirkusgeschichte ist in Magdeburg ab August 2017 wieder zu sehen.

Von Rainer Schweingel 09.05.2017, 01:01

Magdeburg l Zirkusfreunde sollten sich den 19. August 2017 schon mal fest in ihrem Kalender vormerken. An diesem Tag wird mit einem großen Familienfest Deutschlands größtes und vermutlich sogar einziges Zirkusmuseum wiedereröffnet. 20.000 Exponate werden zu sehen sein.

Der Abtshof ist vielen in der Region als Produzent hochprozentiger Getränke bestens bekannt. Nicht so viele wissen: Das Haus an der Brauereistraße in Buckau hat auch ein Herz für den Zirkus.

Zu verdanken ist das in erster Linie dem ehemaligen Abtshof-Manager Gerhard Mette. Er hat nicht nur maßgeblich die Destillerie über die schwierigen Wendezeiten gerettet und bis vor kurzem geleitet. Er hat auch mit seiner zweiten großen Leidenschaft ein Stück Kultur bewahrt.

Mette, inzwischen vom Abtshof pensioniert, ist Zirkusfreund durch und durch und sammelte über Jahrzehnte nahezu alles, was mit der regionalen Zirkusgeschichte zu tun hatte. Im Mittelpunkt: der Zirkus Blumenberg. Der hatte sein Chapiteau einst als feste Spielstätte am heutigen Uniplatz auf der Ostseite aufgeschlagen und wurde wie so viele Magdeburger Innenstadthäuser im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Mittlerweile gibt es kaum noch Magdeburger, die diesen Zirkus noch aus eigenem Erleben kennen. Ein Umstand, den Mette antreibt. Für ihn ist Zirkus ein Stück Kultur, auch wenn das Metier in Deutschland nicht als solches anerkannt wird.

Kulturförderung gibt es nicht, kritisiert Mette schon seit Jahrzehnten und betreibt ebendiese Kulturförderung auf eigene Faust. So haben sich über viele Jahre Exponate, Zeitungsausschnitte und private Hinterlassenschaften von Artisten und Zirkussen angesammelt. „Da ist einiges zusammengekommen“, sagt Mette selbst. Rund 50.000 Exponate sind es – von der Zeitungskopie bis zum Originalkostüm und einem Clownskoffer – die Mette und seine Magdeburger Gruppe der Gesellschaft für Zirkusfreunde beziehungsweise der Förderverein mittlerweile zusammengetragen haben.

Höhepunkt war 2008 die Eröffnung des ersten Zirkusmuseums in Magdeburg - im Abtshof. Mette konnte damals den Eigentümer des Abtshofes zumindest für eine unbestimmte Zeit für den Aufbau einer solchen Schau auf dem Werksgelände gewinnen. Unterstützt wurde das alles mit der Sanierung der Fabrikantenvilla Wolf an der Karl-Schmidt-Straße u. a. über eine Arbeitsqualifzierungsmaßnahme. Bis 2016 kamen mehr als 25.000 Besucher in die rund 700 Quadratmeter umfassende Schau. Die Leser der Volksstimme wählten Mette darauf 2008 sogar auf Platz 2 bei der Wahl zum Magdeburger des Jahres.

Fünf Jahre später musste die Schau 2014 geschlossen werden. Der Abtshof hatte für die Fabrikantenvilla Eigenbedarf für seinen Firmensitz angemeldet.

Die Suche nach neuen Räumen blieb erfolglos. Auch von der Stadt Magdeburg gab es keine Lösung. „Die Stadt sagt, uns darf das Museum kein Geld kosten. So geht das nicht. Kultur trägt sich nicht selbst, kein Theater und auch kein Museum, das ist nur mit Unterstützung der öffentlichen Hand möglich. Offenbar ist man der Meinung, man braucht kein Zirkusmuseum, obwohl es das einzige in Deutschland ist“, ärgerte sich damals Mette.

Private Angebote gab es dagegen. Die aber waren nicht annehmbar. Mette: „Wir konnten die Mietforderungen einfach nicht aufbringen.“ So wurden die Exponate eingemottet. Nun gibt es neue Hoffnung. Und die hängt abermals am Abtshof. Der Eigentümer zeigte noch einmal Herz für die Zirzensik und stellt andere nicht mehr benötigte Verwaltungsräume in einem anderen Gebäude für den Neuaufbau zur Verfügung.

Seit Wochen ist nun Mette wieder in seinem Element und verbringt jede freie Minute in den Räumen der alten Verwaltung, um dort auf etwa 600 Quadratmetern Fläche das Museum neu entstehen zu lassen. Unterstützung bekommt er von den vielen Freunden des Zirkusmuseums wie Vereinsschatzmeisterin Sigrid Günther oder auch Landtagspräsident a. D. Dieter Steinecke. Sie und viele andere arbeiten nun mit Hochdruck daran, die Flächen herzurichten - übrigens ebenfalls ausschließlich nur mit Sponsoren- und Spendengeldern. Rund 30.000 Euro aus privatem und gespendetem Geld werden bis zur Fertigstellung im August in den Räumen verarbeitet worden sein.

Dann wird es Themenzimmer für Artistik allgemein, Magdeburger Artistik, Dressur, Magdeburger Varieté sowie in einer nebenstehenden Garage ein Zirkusmodell geben. Mette und seine Zirkusfreunde hoffen auf regen Zuspruch, auch wenn noch keine regulären Öffnungszeiten geklärt sind. „Bis jetzt können wir ab August nur Führungen auf Anmeldung gegen Spende anbieten. Aber vielleicht gibt es bis zur Eröffnung noch neue Möglichkeiten“, hofft Mette weiter. Erstes Ziel ist die Wiedereröffnung am 19. August mit dem Familienfest auf dem Abtshofgelände.

Klappt alles, dürften sich Macher und Besucher einig sein: Der ganze Zirkus um eine neue Heimstätte für das Museum hat ein Happy End.