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Flüchtlinge Große Skepsis in Peseckendorf

Um die mögliche Unterbringung von Flüchtlingen im Schloss Peseckendorf ging es Mittwochabend. Im Dorf gibt es große Skepsis.

Von Yvonne Heyer 13.11.2015, 00:01

Peseckendorf l Bis auf den letzten Platz hatte sich am Mittwochabend der Gemeindesaal in Peseckendorf gefüllt. Beinahe jede Familie hatte wohl einen Vertreter zur Informationsveranstaltung geschickt. Gekommen waren auch Leute aus den Nachbarorten, von AfD und der NPD. Ihnen gegenüber hatten im Präsidium mit Jürgen Schlee der stellvertretende Ortsbürgermeister, Ortbürgermeister Hilmar Tiemann, Iris Herzig, Fachkoordinatorin Soziales des Landkreises, Corinna Sladky, Fachdienstleiterin Migration des Landkreises, und Oscherslebens Bürgermeister Benjamin Kanngießer Platz genommen. Ziel der Veranstaltung sollte es sein, die Bürger frühzeitig darüber zu informieren, dass möglicherweise Flüchtlinge im Peseckendorfer Schloss untergebracht werden müssen.

Der Landkreis, der jede Woche etwa 130 Menschen, die ihm aus den Zentralen Aufnahmenstellen zugewiesen werden, unterbringen muss, sei stetig auf der Suche nach geeigneten Objekten. Derzeit gebe es einen Vorlauf von drei Wochen.

Bei der Suche nach weiteren Objekten sei man auch auf das Peseckendorfer Schloss gestoßen. „Eben, weil es mit der ehemaligen Nutzung als Landesjugendbildungsstätte schon mal für die Unterbringung von Menschen gedacht war. Daher halten wir das Objekt grundsätzlich für geeignet. Andererseits ist die Prüfung des Objektes noch nicht abgeschlossen. Erst recht nicht, da noch nicht abschließend geprüft ist, wie hoch der Aufwand der nötigen Investitionen wäre. Auch müsste das Haus der Unterbringung von Flüchtlingen angepasst werden. Noch ist für uns die Frage nicht generell beantwortet, ob wir das Vorhaben tatsächlich weiter verfolgen wollen“, machte Iris Herzig deutlich. Damit konnte die Fachkoordinatorin am Mittwochabend auch nicht mit konkreten Zahlen agieren.

Aber sie versuchte den Peseckendorfern auch klar zu machen, dass das Schloss der berühmte Strohhalm wäre, an den sich der Landkreis klammern müsse, könnte er die Flüchtlinge nirgends anders mehr unterbringen.

Iris Herzig könne weder definitiv sagen, wann die Asylsuchenden tatsächlich kommen, noch wie viele es dann sein werden. Das wiederum machen die Bürger den Behörden zum Vorwurf. „Warum kommen Sie hierher, wenn Sie nichts Konkretes sagen können“, lauteten immer wieder die Zwischenrufe an diesem Abend. Iris Herzig machte gestern gegenüber der Volksstimme das Dilemma noch einmal deutlich: „Auf der einen Seite erwarten die Bürger, dass wir sie rechtzeitig informieren und wir sie nicht vor vollendete Tatsachen stellen. Wenn wir dann aber nicht mit konkreten Zahlen und Personen agieren können, ist es auch nicht richtig“, erklärte sie.

Mehrfach hat sie am Mittwochabend versucht, den Männern und Frauen klar zu machen, dass der Landkreis eben auch sehr kurzfristig erfährt, welche Personen zugewiesen werden und dass der Landkreis keinerlei Einfluss darauf hat.

Im Falle eines Falles sei von 70 bis 100 Personen die Rede. Und genau diese Zahlen bringen die Peseckendorfer in Wallung. Nur eine geringe Akzeptanz gab es an diesem Abend für die Pläne des Landkreises. Mit einer geringeren Anzahl an Flüchtlingen könnten die Bürger wohl leben. Größer wäre die Akzeptanz, würden Familien und nicht allein reisende Männer in das 200 Seelen Dorf kommen. Und so wurde an diesem Abend über einen langen Zeitraum die Diskussion davon beherrscht, dass die Frauen, viele von ihnen sind die ganze Woche über allein, keine ruhige Minuten mehr hätten, nicht mehr ruhig schlafen könnten, Angst haben. Nur eine einzige junge Frau wagte es an diesem Abend, eine Lanze für die Flüchtlinge zu brechen: „Auch wenn ich möglicherweise gesteinigt werde. Ich sage es trotzdem: Wir reden hier von Menschen und nicht von Hottentotten“, versuchte sie den vielen Vorurteilen ein Gegenargument zu setzen.

Auch die Argumente Iris Herzigs, nicht alle Flüchtlinge seien Vergewaltiger und in den Orten, wo bereits Asylanten untergebracht seien, gebe es keinen Anstieg der Kriminalität, fruchteten nicht.

Nicht von der Hand zu weisen ist hingegen das Argument, dass das kleine idyllische Dorf Peseckendorf mit der Fülle an Asylanten überfordert wäre. Es gibt im Dorf nichts, keine Gelegenheit zum Einkaufen, keinen Sportverein, eben nichts. Nur einen denkmalgeschützten Park, der mit viel Geld und viel Aufwand saniert wurde. „Wie sieht dieser aus, wenn die Flüchtlinge wieder weg sind.“

Der Ortschaftsrat hat in einem Brief an den Landkreis die Argumente formuliert, die dagegen sprechen, in Pe-seckendorf Flüchtlinge unterzubringen. Vier wesentliche Schwerpunkte fassten Präsidium und Bürger am Ende eines langen Abends zusammen. Für Iris Herzig sehen die „Hausaufgaben“ so aus, dass sie prüfen soll, ob es in Frage kommt, dass gar keine Flüchtlinge nach Peseckendorf kommen, wenn doch, dann deutlich weniger, der Unterbringung von Familien sollte der Vorzug gegeben werden und ein anderes Projekt (Mehrfamilienhaus in der Kastanienallee) statt des Schlosses sollte zur Unterbringung in Erwägung gezogen werden.