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Lesung Amtmanns Briefe als Teil der Geschichte

Zum 1000-jährigen Bestehen von Hötensleben hat es eine Buchlesung besonderer Art gegeben. Autor Volker Limburg stellte Amtmann Lüdeke vor.

Von Hartmut Beyer 17.04.2016, 23:01

Hötensleben l Als die Lesung am Sonnabend im Dorfgemeinschaftshaus von Hötensleben begann, kannten die Anwesenden nur seinen Namen: August Lüdeke, Oberamtmann und Rittmeister. Er lebte hier bis zu seinem Tod 1898. Als sie nach eineinhalb Stunden das alte Gebäude verließen, war er ihnen als ein sympathischer und wortgewandter Hötensleber doch sehr nahe gekommen.

Autor Volker Limburg, der für sein Buch auch eine alte deutsche Schrift in eine neue „übersetzt“ hatte, wechselte sich bei der Lesung mit dem Ortschronisten Günter Schwulera und Wulf Biallas, der eine besondere Beziehung zum Buchinhalt hat, ab.

Am meisten freute sich Timo Brandes aus Hamburg, ein Nachfahre von August Lüdeke und seiner Ehefrau Ottilie Lüdeke, geborene Brandes, über die gut besuchte Lesung. „Es ist schön, dass die Hötensleber mehr über die frühen Lüdekes erfahren haben, weil der letzte, Jürgen, hier nicht so beliebt war. Mit diesem Buch und dieser Lesung wurde nun Licht in das Dunkel gebracht, ein Teil der Geschichte ist erwacht“, meinte er.

August Lüdeke, ein tüchtiger erfahrener Landwirt, hatte das Gut Hötensleben vom Großherzog von Hessen-Darmstadt gepachtet und bewirtschaftet. Zu Saisonzeiten wurden dort 200 Leute beschäftigt. Lüdeke war sehr vielseitig. Neben der Landwirtschaft befasste er sich auch mit Politik, war ein passionierter Jäger, kämpfte als Königstreuer im Krieg gegen Frankreich und bekleidete mehrere Ämter. Er ließ es sich häufig auf Kuren gut gehen und bedauerte auch schon einmal, dass er wegen der vielen Beschäftigungen nicht zu seiner eigentlichen Arbeit als Landwirt komme.

August Lüdeke hätte aber auch durchaus Schriftsteller sein können. Seine Briefe, aus denen Volker Limburg an diesem Tag zitierte, lassen diese Feststellung zu. „Ich habe nahezu 400 Briefe, Karten und Telegramme, die er zwischen 1869 und 1898 an unterschiedlichsten Orten geschrieben hatte, aus der Kurrentschrift in lateinische Schrift übertragen. Diese Schrift ist eine Vorläuferin der ‚Sütterlinschrift‘, die nach dem Berliner Grafiker Ludwig Sütterlin (1865 bis 1917) so genannt wird“, berichtete Volker Limburg. Er sei fasziniert gewesen von der Wortgenauigkeit und dem Ausdruck der Gefühle. Als er dann aus einem Brief las, in dem Lüdeke die Tischgesellschaft während eines Kuraufenthalts beschrieb, war das eine Kostprobe seiner bildhaften und detaillierten Formulierungen. Und als er sich einmal einsam fühlte, schrieb er: „Die Geister meiner Lieben umschweben mich ...“.

Günter Schwulera gab den Anwesenden einen Überblick über die Familie Lüdeke, schilderte ihre Herkunft und verwandtschaftlichen Verbindungen. Wulf Biallas, der heute auf dem Amt wohnt, wo die Lüdekes gelebt und gewirkt hatten, gestand: „Ich bin ihm räumlich in großer Nähe und wäre ihm gerne einmal begegnet.“

So ging es nach der Lesung vermutlich mehreren Hötenslebern. Reinhard Klar meinte: „Wir haben ein Stück örtlicher Geschichte näher kennengelernt und das Hötensleber Geschichtsbild weiter ausgebaut. Es ist auch ein Verdienst von Günter Schwulera.“

Der Ortschronist war auf der Suche nach einem „Übersetzer“ der Kurrentschrift über Umwege auf Volker Limburg aus Dreileben-Drackenstedt gestoßen und hatte ihn für die Sache begeistert.

Interessenten an dem Buch können sich über Telefon: 0152/33 88 10 14 melden.