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180 Jahre Tannenkrug ernährt die sechste Generation

Die altmärkische Kneipenlandschaft hat große Änderungen erfahren. Der Tannenkrug ist so etwas wie der Fels in der Brandung.

Von Ralf Franke 23.07.2016, 01:01

Tannenkrug l Nach der Wende versuchten viele Neubundesbürger, eine gastronomische Karriere zu starten. Neue Lokale, insbesondere Imbisse schossen wie Pilze aus dem Boden. Später setzte ein beispielloses Kneipensterben auf dem Dorf und in der Stadt ein, das bis heute anhält. Und so stehen auch in der Verbandsgemeinde Seehausen, die großen Mühen, den Tourismus anzukurbeln, im krassen Gegensatz zur real existierenden Gastronomie. Eines der letzten prominenten Opfer der Entwicklung ist der Seehäuser Ratskeller, der zu einer Senioren-Tagesstätte umfunktioniert wurde.

Dass es auch anders geht, beweisen die Betreiber der Gaststätte Tannenkrug im gleichnamigen Ortsteil von Losse – inzwischen Teil der Gemeinde „Altmärkische Höhe“. Marion (geborene Michaelis) und Falk Thiele blicken nach der Übernahme des väterlichen Betriebes mittlerweile in der sechsten Betreibergeneration auf 180 erfolgreiche Jahre an der sogenannten Sechs-Wege-Kreuzung (Richtung Seehausen, Arendsee, Losse, Groß Garz, Krüden und Drüsedau) zurück.

Das genaue Datum der Lokal-Eröffnung ist nicht bekannt. Die Wirtsleute halten sich an die Inschrift, die einen Balken des ursprünglichen Fachwerkgebäudes ziert und den Erbauern Johann Friedrich sowie Maria Dorote Michaelis gewidmet und auf Juli 1836 datiert ist.

Das Haus ist noch fast im Originalzustand erhalten, hat allerdings im Laufe der Zeit und mit dem Wandel von einer Bierschänke für die Bauern und Kutscher der Umgebung zu einem Speiselokal einige Veränderungen erfahren. Unter anderem wurde der Eingang für die Kunden versetzt, das Haus bekam einen Anbau für sanitäre Anlagen und für die Vergrößerung des Gastraumes, um auch für größere Feierlichkeiten und Tanzfreudige mehr Platz bieten zu können.

Neueste Investition ist eine rustikal überdachte Terrasse, auf der es sich auch bei hochsommerlichen Temperaturen im Schatten mit Blick auf den alten Park und den angrenzenden Wald aushalten lässt und von der die Gäste mit ihren Tellern bei einem Schauer nicht gleich ins Haus flüchten müssen. Die dekorative Fachwerkkonstruktion haben sich die Wirtsleute zum 180. Jahrestag quasi statt einer Feier gegönnt.

Als klassische Bierschänke wäre das letzte Kapitel der Tannenkrug-Geschichte wahrscheinlich längst geschrieben. Aber als Speiselokal mit regionaler und mediterraner Karte, als Stätte für Familienfeiern und Firmenfeste und als Ausflugslokal für Urlauber oder Durchreisende (darunter viele Motorradfahrer) an der Ost-West-Achse B 190 konnte sich die Gaststätte bis heute behaupten. Wobei Falk Thiele gern auch auf die oft unterschätzte Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln verweist. Sogar für Berliner sei der Tannenkrug im Rahmen eines Tagesausfluges per Bahn und Bus zu erreichen.

Ein Zuckerschlecken ist die Gastronomie für die beiden Mitfünfziger sicher nicht, aber sie achten auch auf Ausgleich. Sie, die studierte Fachfrau im Unternehmen, ist seit vielen Jahren im Osterburger Skatverein Herz Dame aktiv. Er, der Seiteneinsteiger mit Philosophie-Diplom, ist gern am Computer kreativ, wenn es risches Infomaterial, die Zuarbeit für die neue Internetseite (www.gaststaette-tannenkrug.de) oder die Speisekarte braucht. Zusammen segeln beide in der Freizeit gern wieder öfter über den Arendsee oder besuchen andere Speiselokale, um ihren Gourmet-Horizont zu erweitern und um sich auch einfach nur einmal bedienen zu lassen. Gedanken über die Zukunft ihres Lokals verschieben beide derzeit noch auf später.