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Freilichtmuseum Ziehpferde aus frischem Eichenholz

Holz bearbeiten wie zu Urgroßvaters Zeiten: Männer stellten während eines Seminars im Freilichtmuseum Diesdorf Ziehpferde her.

Von Anke Pelczarski 12.04.2016, 03:00

Diesdorf l Die Männer haben am Sonntagvormittag Blasen an den Händen und auch Muskelkater. Dennoch schauen sie zufrieden drein. Denn ihre eigenen Ziehpferde, ein Gerät zur Holzbearbeitung, nehmen langsam Gestalt an.

„Der Kurs ist sehr anspruchsvoll“, gibt Seminarleiter Alexander Heß aus Riebau zu. Denn die meisten Teilnehmer seien nahezu unbeleckt in Sachen Holzhandwerk. „Hier lernen sie nicht nur die Werkzeuge kennen, sondern müssen das Holz gleich aufs genaue Maß bearbeiten“, weiß er. Tipps geben und die Neulinge bei ihrem Herantasten begleiten, das liegt Alexander Heß, der sich selbst der alten Handwerkskunst verschrieben hat. Gearbeitet wird unter freiem Himmel vor der Hilmsener Scheune – das Wetter spielt mit. Holzspäne türmen sich auf dem Boden.

„Den Kurs habe ich zum Geburtstag geschenkt bekommen“, erzählt Torben Bätzig aus Cuxhaven, der am Arbeiten mit dem besonderen Werkstoff interessiert ist. Das Freilichtmuseum kannte er zuvor nicht. „Aber ich komme bestimmt wieder, vielleicht mit meiner Freundin. Sie guckt sich auch gern alte Häuser an“, fügt er hinzu.

Chris Matzen aus Berenbrock bei Calvörde will sich handwerklich austesten. „Am nächsten Wochenende bin ich hier beim Bogenbau-Seminar wieder mit dabei“, blickt er voraus.

Jan Köhncke aus Schwerin ist fasziniert, wie man mit relativ einfachen Mitteln ein Ziehpferd herstellen kann. „In dieser Kulisse zu arbeiten, das macht einfach doppelt Spaß“, schwärmt der gelernte Tischler, der jetzt als Apotheker arbeitet. Er erhoffe sich einige handwerkliche Tipps, da er gerade dabei sei, ein altes Haus zu sanieren. Der Norddeutsche zeigt sich erstaunt, wie einfach frisches Eichenholz zu bearbeiten sei. Den Baum, wirft Alexander Heß ein, habe er erst in der Vorwoche geschlagen.

„Ich suche eine Alternative für meine Pension“, erzählt Peter Born aus Dresden, der den Kurs im Netz entdeckt hat. Bereits nächsten Monat sei es soweit, verrät er, während er vorsichtig ein Stück Eiche spaltet. Das Arbeiten mit Holz sei für ihn eine gute Beschäftigung. „Hier im Museum fühle ich mich sehr wohl. Das Umfeld inspiriert bei der Arbeit“, fügt der gebürtige Wittstocker hinzu.

Der Baumpfleger Oliver Rau aus Berlin hat lange überlegt, was sich aus Grünholz neben Scheiten für den Ofen noch herstellen lasse. Denn zum Heizen sei ihm das Material einfach zu schade. „Der Kurs ist richtig gut. Wir arbeiten mit tollen Materialien und sind eine prima Truppe“, urteilt er. Auch wenn die Arbeit anstrengend sei, so sei es befriedigend, mit den eigenen Händen etwas zu schaffen. „Ich richte mir gerade eine Werkstatt ein. Da ist ein Ziehpferd ein Super-Basisgerät“, erzählt Oliver Rau, der zum ersten Mal in der Altmark ist, und fügt hinzu: „Die Gegend ist sehr ruhig, aber es ist schön hier.“

Holger Meyer aus Magdeburg sehnt schon die Fertigstellung seines eigenen Ziehpferdes herbei. „In meiner Freizeit baue ich Bogen und habe mir so ein Gerät übers Netz bestellt. Aber das ist ganz schön wackelig“, sagt er. Dann wendet er sich wieder seiner Arbeit zu: Mit einem Ziehmesser trägt er eine Holzschicht nach der anderen ab, bis er das gewünschte Maß erreicht hat. „Hoffentlich geht nichts kaputt“, denkt der Magdeburger laut nach.

„Hier im Museum ist der optimale Platz für traditionell arbeitende Handwerker“, sagt Alexander Heß und bedankt sich für die gute Zusammenarbeit bei den Mitarbeitern. Deshalb habe er für Sonntag, 24. April, das erste Archaikum auf dem historischen Areal organisiert. Von 10 bis 17 Uhr kommen Handwerker zusammen, die alte Techniken beherrschen. „Mein Anliegen ist es, dass wir uns vernetzen. Und ich träume davon, dass wir gemeinsam eine große Holzskulptur entstehen lassen, in die auch andere Handwerkskunst mit integriert ist“, blickt der Riebauer voraus. Die Besucher erleben beispielsweise, wie eine Wippdrechselbank arbeitet und was beim Bogenbau zu beachten ist. Große und Kleine können sich in der Holzwerkstatt oder beim Töpfern ausprobieren. Auch der Schmied wird sein Handwerk zeigen.

 „Ich finde diese Idee vom Archaikum gut. Denn das bringt Leben in unser Museum“, freut sich Leiter Jochen Hofmann auf einen besonderen Sonntag und viele Gäste.