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Justiz Vater des Angeklagten will doch aussagen

Zuerst hatte er die Aussage verweigert, heute will der Vater des Angeklagten vor dem Landgericht aber doch aussagen.

Von Arno Zähringer 03.05.2016, 03:00

Salzwedel/Stendal l Mit einer Überraschung begann der vierte Tag in der Berufungsverhandlung wegen der Schmierereien in der Salzwedeler Innenstadt in der Nacht zum 3. Oktober 2013. Dringend der Tat verdächtig ist ein 24-Jähriger aus dem Raum Salzwedel. Im ersten Prozess war der Angeklagte wegen Sachbeschädigung und Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen freigesprochen worden. Das Urteil im Oktober 2015 wurde mit erheblichen Lücken in der Beweiskette begründet, das Gericht sprach von einem Freispruch zweiter Güte.

Nachdem der Vater des Angeklagten, der seinem Sohn in der ersten Instanz vor dem Salzwedeler Amtsgericht ein Alibi für die Tatzeit gegeben hatte, vor der Kleinen Strafkammer des Landgerichts Stendal die Aussage verweigert hatte, hat er sich nun doch dazu entschlossen, vor dem Berufungsgericht unter Vorsitz von Richter Gundolf Rüge Angaben zu machen.

Rüge sprach in diesem Zusammenhang von einem „hin und her“. Schließlich habe man zweimal versucht, den Zeugen zu einer Aussage zu bewegen. Gegen ihn hat inzwischen die Staatsanwaltschaft Anzeige wegen uneidlicher Falschaussage vor dem Amtsgericht Salzwedel erstattet. Der Mann, ein Gastwirt, wird heute in Anwesenheit seines Rechtsbeistandes aus Lüneburg zur Sache gehört werden. Danach sollen laut Richter Rüge die Beweisaufnahme abgeschlossen und die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidiger gehalten werden.

Im Mittelpunkt der Verhandlung am Montag stand die Aussage von Klaus Hüttermann, Direktor des Salzwedeler Amtsgerichts. Er war geladen worden, um doch noch Licht in das Dunkel um die Aussage des Vaters zu bringen. Hüttermann gab zu Protokoll, den Zeugen vor dem Amtsgericht auch mit Blick auf sein Zeugnisverweigerungsrecht belehrt zu haben. Der Mann sei in keiner Phase der Verhandlung unschlüssig gewesen, sondern habe aussagen wollen. Demnach soll sich der Sohn am 3. Oktober 2013 zwischen 23 und 23.30 Uhr in seiner Gaststätte aufgehalten haben. Später habe er ihn, nachdem er die Kneipe geschlossen hatte, im Zimmer des Großvaters angetroffen und ihn aufgefordert, ins Bett zu gehen. Eine halbe Stunde später soll der Sohn allerdings immer noch auf dem Sofa gelegen haben und am folgenden Tag zu seiner Freundin nach Hameln gefahren sein.

Laut Hüttermann sei sich der Vater durchaus bewusst, dass sein Sohn der rechten Szene angehört. Auch sei dieser im Besitz einer schwarzen Bauchtasche sowie einer Sturmhaube, die der Beschuldigte in der Tatnacht zum 3. Oktober 2013 getragen haben soll.

„Hatten Sie den Eindruck, dass man dem Zeugen glauben kann?, wollte Rüge wissen. Hüttermanns Eindruck sei gewesen, dass der Zeuge „ruhig und gefasst“ war. Es habe nicht so ausgesehen, als ob die Aussage erdacht oder abgesprochen worden war. Trotzdem hatte er „erhebliche Zweifel“ – ein Umstand, der auch in die Begründung des Urteils aufgenommen ist. „Haben Sie den Zeugen auf Widersprüche in seiner Aussage vor dem Amtsgericht hingewiesen?“ Auf die Frage des Verteidigers antwortete Hüttermann: „Sehr deutlich.“

Die Verhandlung wird am heutigen Dienstag um 12 Uhr im Saal 108 des Landgerichts Stendal fortgesetzt. Wie auch im ersten Prozess machte der Angeklagte keine Angaben.