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Salzwedel Ausbildung am Rand sichern

Vor welchen Problemen stehen die Berufsbildenden Schulen des Altmarkkreises, wenn sie sich bemühen „auf der sicheren Seite“ zu sein?

Von Uta Elste 11.11.2016, 20:00

Salzwedel l „Nirgendwo wird jemand den Standort in Frage stellen. Aber man möchte schon auf der sicheren Seite sein“, betonte der Regierungschef während seines zweistündigen Besuchs. Der begann zunächst recht gut gelaunt. So scherzte Haseloff mit Ziad Darwich, der derzeit sein Berufsvorbereitungsjahr im Baubereich absolviert, aber statt Maurer lieber „Chef von Deutschland“ werden möchte. „Das möchte nicht mal ich werden“, so die prompte Erwiderung Haseloffs, der wenig später mit einem angehenden Heizungsinstallateur aus Argentinien darüber diskutierte, ob sich das Gastgeberland der Fußball-WM 1978 nach der Niederlage gegen Brasilien überhaupt noch für das Turnier 2018 in Russland qualifizieren kann.

Doch nach den kurzen Stippvisiten in gut ausgestatteten Räumen folgten die Probleme, mit denen sich die Bildungseinrichtung an der Käthe-Kollwitz-Straße konfrontiert sieht. „Wir sind der Landkreis, der am meisten weggibt, aber am wenigsten bekommt“, so Schulleiter Peter Lahmann. Zu Beginn des Jahrtausends wurden an der BBS noch etwa 3000 Jugendliche unterrichtet. Aktuell absolvieren knapp 1100 hier ihre Ausbildung. „Während sich an anderen Schulen die Schülerzahl halbiert hat, ist bei uns nur noch ein Drittel vorhanden“, verglich Lahmann.

Kommen nicht mehr genügend Schüler für eine Fachklasse zusammen, werden die Klassen an anderen Schulen eingerichtet. Eine Klasse für Tischler gebe es nur noch mit Sondergenehmigung. Da in der gesamten Altmark nur sieben Friseur-Azubis zusammenkamen, müssen diese für die theoretische Ausbildung nun nach Magdeburg fahren. Andererseits habe man regionale Fachklassen „ohne Ende“ beantragt, aber nie einen Zuschlag bekommen, ergänzte Landrat Michael Ziche. Der Nordverbund mit den benachbarten Landkreisen sei gescheitert, „und Magdeburg ist der lachende Dritte“.

Auf die Forderung Haseloffs, dass dann auch das Landesschulamt deutlich intervenieren müssen, wies dessen Vertreterin Antje Tepper auf das Problem hin, geeignete Lehrkräfte nach Salzwedel zu locken. „Wir müssen uns um die Randbereiche kümmern“, betonte Haseloff und lobte die Lebensqualität in der Altmark.

Peter Lahmann konnte auf zahlreiche Aktivitäten zugunsten des Standortes hinweisen, etwa das Angebot für Azubis, neben dem Berufsabschluss auch die Fachhochschulreife zu erwerben. Eine Berufsfachschule Technik soll den Wechsel in eine Ausbildung erleichtern. 2017 soll eine dreijährige Berufsfachschule Altenpflege an den Start gehen, ein Jahr später die dreijährige Fachschule für Sozialpädagogik.

Doch die geplante Ausbildung zum Fachpraktiker in der Landwirtschaft stieß auf Hindernisse. Acht bis zehn Betriebe hatten sich dafür interessiert, berichtete Thomas Koberstein, Geschäftsführer des Vereins zur Förderung der beruflichen Bildung. „Das wäre schon eine komplette Klasse gewesen.“ Doch das Landesverwaltungsamt untersagte die Organisation der Ausbildung, die sich an benachteiligte Jugendliche richten sollte, über eine Kooperationsvereinbarung. Zudem hätten Mitarbeiter im Reha-Bereich fest eingestellt werden müssen.

Für die angestrebte einjährige Fachschule für ökologischen Landbau habe es bereits vorab eine ablehnende Information des Kultusministeriums gegeben, ließ Peter Lahmann den Gast aus Magdeburg wissen. Außerdem sehe das Landwirtschaftsministerium diese Ausbildung als Konkurrenz zu einem Angebot an der Fachschule in Haldensleben. Dabei wäre Salzwedel die erste Schule bundesweit mit diesem Angebot gewesen. Die 80 Stunden ökologischer Landbau in der bisherigen Ausbildung würden von Öko-Betrieben als nicht ausreichend erachtet.

„Wir sind jetzt in Kenia, und am Mittwoch ist Kabinettssitzung. Das wäre eine Möglichkeit für den grünen Koalitionspartner, Akzente zu setzen. Und solche Ausbilungen müssen parallel laufen, das ist keine Konkurrenz“, stellte der Ministerpräsident klar und bat um Protokollierung.