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Spende Multikultureller Club freut sich über Geld

Über einen unverhofften Geldsegen von 5000 Euro freuen sich die Verantwortlichen des Jugendclubs „Young Generation“.

Von Julia Schneider 27.04.2016, 18:23

Schönebeck l Ihren Augen traute Trixi Ziener nicht recht, als sie eine Mail des „Frei.Wild Supporters Clubs“ aus Sachsen-Anhalt bekam. Darin wurde Die Leiterin des Schönebecker Jugendclubs „Young Generation“ über eine Spende informiert, die die Fans der deutschen Band „Frei.Wild“ in den vergangenen Monaten gesammelt hatten. „Ich dachte, ehrlich gesagt, an einen Kommafehler, denn ich konnte nicht glauben, dass jemand 5000 Euro für uns sammelt“, erinnert sich Trixi Ziener. Bei erneuter Kontaktaufnahme mit den Unterstützern wurde aber klar: Es waren tatsächlich 5000 Euro, die nun an die „Young Generation“ übergeben werden konnten.

Den „Frei.Wild Supporters Club“ gibt es in ganz Deutschland. Die einzelnen Fan-Gemeinden sind groß nach Bundesländern und Regionen aufgeteilt, haben aber einen gemeinsamen, zentralen Vorstand. Und dieser Vorstand wählt in jedem Jahr ein neues Projekt aus, das die Fangemeinde aus ganz Deutschland dann mit vereinten Kräften unterstützt. Zumeist seien es kleine, regionale Vereine oder Einrichtungen, die keinen großen Träger im Hintergrund haben, deren Arbeit mit Geld unterstützt wird. „Jede Region schlägt ein Projekt vor, der Vorstand entscheidet dann, welches genommen wird“, erläutert Antje Walter vom „Supporters Club“ Sachsen-Anhalt. In diesem Jahr wurde aus den vielen vorgeschlagenen Projekten nun der Schönebecker Jugendclub ausgewählt.

Doch wie kam es dazu? Bereits im vergangenen Jahr hatte Trixi Ziener Kontakt mit dem Management der Band „Frei.Wild“ aufgenommen, erzählt sie. „Viele unserer Jugendlichen sind Fans“, sagt sie. So habe die Leiterin sich mit der Bitte um Freikarten an das Management gewandt. Weil die Pädagogin aber nie vergisst, auf „ihren“ Jugendclub aufmerksam zu machen, beschrieb sie in ihrer Mail ausführlich, aus welchen sozialen Hintergründe die Jugendlichen im „Young Generation“ kommen und wie sich die Situation in dem gut besuchten Jugendclub darstellt.

Freikarten schickte das Management – vier Jugendliche fuhren mit Trixi Ziener als Betreuerin im vergangenen April zum Konzert in die Magdeburger Getec-Arena. Später meldete sich das Management allerdings erneut bei der Leiterin. „Sie haben geschrieben dass sie sehr beeindruckt von dem Profil unserer Einrichtung waren und vermittelten den Kontakt zu der Fan-Gemeinschaft“, erinnert sie sich. Der „Supporters Club“ in Sachsen-Anhalt forderte nochmals eine Einrichtungs-Beschreibung von Trixi Ziener ab und informierte sich weiter über die Internet-Plattform Facebook über „Young Generation“.

Irgendwann kam die Zusage – die Fans der Band hatten sich entschieden, für die Einrichtung zu sammeln. „Wenn einmal entschieden ist, wofür wir sammeln, machen sich alle ‚Supporters‘ dafür stark“, erläutert Antje Walter das Vorgehen der „Frei.Wild“-Fans. So kannten plötzlich nicht nur rund 5000 Musik-Fans in ganz Deutschland und auch im Ausland den Schönebecker Jugendclub, sondern ersannen dazu noch eigene Ideen, um Trixi Ziener und „ihre“ Jugendlichen zu unterstützen. Die „Supporters“ sammelten bei Busfahrten und Regionstreffen, durch Versteigerungen, bei verschiedenen gemeinsamen Unternehmungen wie Kegeln oder Blutspenden, durch Verkäufe und vieles mehr.

Schließlich kamen 5000 Euro zusammen, die einzelne Fans dem „Young Generation“ jetzt überbrachten. Bei einer Führung durch den Club staunten sie nicht schlecht. Derzeit sind es an jedem Nachmittag rund 150 Kinder und Jugendliche, die die Einrichtung besuchen. Diese mit zwei hauptamtlichen Mitarbeiterinnen, nämlich Trixi Ziener und Andrea Sommer, und einigen Ehrenamtlichen zu betreuen, geht an Grenzen. Doch die Einrichtung an der Welsleber Straße liegt genau in einem Gebiet, in dem nicht nur Jugendliche aller möglichen sozialen Schichten, Hintergründe und Gesinnungen zusammenkommen, sondern wo nun auch viele Flüchtlingsfamilien vorübergehend oder längerfristig einquartiert sind. Die Betreuer der Flüchtlingskinder und -jugendlichen kam ganz plötzlich zu dem Aufgabenfeld der Club-Mitarbeiterinnen dazu – anfangs waren es sogar 200 Besucher, die sie täglich zu betreuen hatten.

Multikulti herrscht in dem Jugendclub, die Besucher sind verschieden alt, hören unterschiedliche Musik, sprechen verschiedene Sprachen, haben verschiedene Kleidungsstile und politische Ansichten. Probleme sind da programmiert. „Aber wir haben es irgendwie geschafft, dass alle miteinander auskommen, die Großen sich um die Kleinen kümmern, jeder Verantwortung übernimmt“, sagt Trixi Ziener. „Wie genau wir das jeden Tag machen, wissen wir manchmal selbst nicht. Aber wir machen es.“ So viel Eifer beeindruckt die Gäste. Sie begrüßen das Konzept des „Young Generation“.

Die Band „Frei.Wild“ war lange Zeit dafür verpönt, rechtes Gedankengut zu streuen. Die Mitglieder des Fan-Clubs distanzieren sich offen davon. „Das ist und war nie so. Sonst wäre ich kein Fan“, sagt Antje Walter und bedauert, dass ihrer liebsten Band noch immer dieser Makel anhaftet. „Wenn ich ehrlich bin, habe ich aus genau diesem Grund recherchiert, bevor ich von euch eine Spende annehme“, gibt Trixi Ziener offen zu. „Ich habe mir im Internet viele Infos geholt und die Musik der Gruppe angehört. Und ich glaube auch nicht mehr an dieses Gerücht. Würde das stimmen, würdet ihr mit Sicherheit auch nicht unseren Jugendclub unterstützen, in den Jugendliche aus zehn verschiedenen Kulturkreisen kommen.“

Mit dem Geld wollen die Mitarbeiter den Tanzraum des „Young Generation“ fertigstellen, einen neuen Tanzspiegel, eine Musikanlage und vieles mehr finanzieren.