1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. Erster Flüchtling in Egeln vor 5000 Jahren?

EIL

Stadtgeschichte Erster Flüchtling in Egeln vor 5000 Jahren?

Das Museum der Stadt Egeln auf der Wasserburg ist für seine umfangreiche ur- und frühgeschichtliche Sammlung bekannt.

04.02.2016, 23:01

Egeln l Das kleine Städtchen Egeln liegt inmitten des Städtedreiecks Aschersleben, Halberstadt und Magdeburg. Begünstigt durch das Vorhandensein von Wald, Wasser und fruchtbarem Bördeboden kam es dort schon sehr früh zur Ansiedlung von Menschen.

Das, was von ihnen übrig blieb und noch heute im Egelner Museum aufbewahrt wird, beeindruckt die Besucher von nah und fern immer wieder. Das wohl wertvollste Exponat ist ein Höckergrab aus der Jungsteinzeit. „Dort begraben ist ein Mann aus der Glockenbecherkultur, der in den 1950er Jahren in Bleckendorf (heute Egeln-Nord) bei Bauarbeiten entdeckt wurde.

Er hatte Grabbeigaben bei sich, die beweisen, dass die Menschen in Europa schon sehr früh Handelsbeziehungen hatten“, berichtete Museumsleiter Uwe Lachmuth. Damit spielte er auf die Hammerkopfnadel, die zweifelsfrei im Kaukasus angefertigt wurde, sowie auf einen Bronzedolch aus Griechenland an.

Um Klarheit zu bekommen, ob diese Person der erste Flüchtling in Egeln oder ein Einheimischer war, hatte Professor Dr. Volker Heyd in Bristol (Großbritannien) einen Teil dessen Kiefers untersuchen lassen, sagte Lachmuth. Denn besonders die für damalige Verhältnisse von vor 5000 Jahren ungewöhnliche Größe des Mannes von 1,75 bis 1,80 Meter ließen Zweifel aufkommen, ob er aus der Egelner Mulde stammte. Lachmuth: „Die Untersuchungen haben ergeben, dass er ein bodenständiger Mensch aus der Region war.“ Das habe man anhand seiner Zähne herausgefunden.

Sehenswert ist auch der Schädel einer Frau aus Wester-egeln, der an einer Stelle geöffnet wurde. Sie hat diese so genannte Trepanation überlebt.

„Unser Museum beherbergt insgesamt rund 4000 Funde, wobei ein Fund aus mehreren Stücken bestehen kann. Sie gehen bis in die Altsteinzeit zurück. Dazu gehören zum Beispiel auch der Mammutzahn und die Überreste von Wollnashörnern aus Westeregeln, wo Prof. Nehring Ende des 19. Jahrhundert erste Grabungen in den Gipsbrüchen durchführte. Dort wurde nachgewiesen, dass in der Eiszeit schon Menschen in der Region gelebt haben“, sagte Lachmuth. Bei diesen Exponaten handelt es sich um die ältesten in Egeln ausgestellten Funde.

Seit 1993 befindet sich das Egelner Museum für Vor- und Frühgeschichte auf der Wasserburg, Dessen Gründung geht bis in das Jahr 1934 zurück. Der Egelner Apotheker Dr. J. Fromme schenkte der Stadt Egeln seine Privatsammlung mit der Auflage, sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In fünf Glasschränken wurden die Funde dann im Egelner Rathaus ausgestellt und seitdem als „Vorgeschichtliches Museum“ bezeichnet.

Durch weitere Zustiftungen von privaten Sammlern und Funde in der Region wurde das Museum ständig erweitert, so dass im Rathaus bald nicht mehr genug Platz war und die Sammlung auf den Boden der Erweiterten Oberschule (EOS) umzog, wo sie von der Biologielehrerin Dorothea Strewe ehrenamtlich betreut wurde.

Durch die verstärkten Baumaßnahmen der Nachkriegszeit wurden aber ständig neue Funde geborgen, so dass 1956 eine ehemalige Lagerhalle in der heutigen Zepterstraße als Museum eingerichtet wurde. Mit dem Auszug der Mieter aus der Burganlage ab 1991 konnten hier sieben neue repräsentative Ausstellungsräume für die wissenschaftliche Sammlung hergerichtet werden.

„Sie zeigen die Besiedlungsgeschichte der Egelner Mulde von der Altsteinzeit bis zum frühen Mittelalter“, sagte Lachmuth. Die Räumlichkeiten boten aber auch Platz für eine kleine Galerie, die für Sonderausstellungen genutzt wird und hauptsächlich Künstlern aus der Region ein Podium bietet. Auch der 36 Meter hohe Bergfried der Burg wurde in den Museumsrundgang mit einbezogen.

Die Wasserburg hatte die Stadt Egeln im Oktober 1995 übernommen. Sie soll langfristig zum kulturellen Zentrum der Region ausgebaut werden. Auf der Oberburg entstanden bisher eine Freilichtbühne, ein Künstleratelier mit Malschule, ein Kellertheater und ein historisches Café. In der Unterburg gibt es eine Bogenschießanlage und ein Open Air Theater. „Durch den Ausbau des Dachbodens über dem alten Gericht ab 2001 konnte ein weiterer großzügiger Ausstellungsraum entstehen, indem nun die neuere Geschichte der Region zu finden ist“, informierte der Museumschef.

Ebenfalls wurde das Museum in dieser Zeit um eine Abteilung zur Stadt- und Burggeschichte erweitert. Die Wasserburg war 2012 in die „Schwedenstrasse“ aufgenommen worden und ein Ausstellungsraum zum Thema „Die Wasserburg Egeln als Wohnsitz des schwedischen Generalfeldmarschalls Johann Banér“ eingerichtet.

Ebenfalls wurden die bisher als Abstellkammer genutzte Marterkammer und das Burgverließ restauriert. Sie beherbergen zukünftig eine Ausstellung zum „Egelner Hexereiprozess“ von 1612.

Die Stadt Egeln hat sich zum Ziel gesetzt, ihr kleines, aber feines Museum in den nächsten Jahren für die Besucher noch attraktiver zu machen. „Wir wollen die Fundstücke aus der Bronzezeit aus der Egelner Mulde von Etgersleben bis Staßfurt und darüber hinaus künftig moderner und noch ansprechender als bisher präsentieren“, blickt Lachmuth voraus. Möglich machte das eine Spende der Sparkassenstiftung von 10 000 Euro. Die Eröffnung wird für den Dezember 2016 anvisiert.

„Die neue Ausstellung zur Bronzezeit wird im sogenannten Regalsystem gestaltet. Das heißt, im Hintergrund ist ein Regal gebaut, das die Exponate aufnimmt“, sagte Lachmuth im Dezember des vergangenen Jahres. Die Arbeiten werden sich seiner Einschätzung nach über das ganze Jahr hinziehen. „Das Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege wird die Texte der Ausstellung überarbeiten, da seit 1993, als die Ausstellung eingerichtet wurde, ganz neue Erkenntnisse gewonnen wurden. Die Texte werden mit Zeichnungen und Bildern versehen und dann auf Fahnen gedruckt, die an der Wand aufgehängt werden können“, erläutert der Museumsleiter.„Die Pläne des Egelner Museums sind auch vom Chef des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie in Halle, Harald Meller, geprüft und in einer Stellungnahme befürwortet worden“, sagte Sparkassenvorstand Helmut Ibsch bei der Scheckübergabe.

Bürgermeister Reinhard Luckner nennt das Museum ein „Vorzeigeobjekt und einen Magneten“ für die Stadt Egeln.