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Landfrauen Weißt du, wo dein Essen herkommt?

Weißt Du eigentlich, wo dein Essen herkommt? Damit beschäftigt sich ein Projekt für Kinder.

Von Egmar Gebert 29.04.2016, 01:01

Schinne l Die Tinte mit der die Landfrauen und ihre Partner von der AOK den Vertrag über das „Bauernpaten“-Projekt unterzeichneten, ist gerade erst getrocknet, da treffen sich 18 Frauen aus dem Norden Sachsen-Anhalts in Schinne, um diesem Papier Leben einzuhauchen. Es sind Sibylle Klug, Landes- und zugleich Stendaler Kreisvorsitzende der Landfrauen, Projektkoordinatorin Katharina Winkler und eben jene 16 Frauen, die es werden wollen – Bauernpaten.

Als solche werden die Damen, größtenteils selbst Bäuerinnen oder zumindest im Landfrauenverband engagiert, Schulklassen auf Bauernhöfen begrüßen, sie begleiten, ihnen zeigen, wo ihr Essen herkommt.

Klingt profan, ist aber alles andere als das. Es geht um bäuerliches Leben, um das Erleben desselben. Wie sieht der Alltag eines Bauern aus? Wie läuft das alles ab, wie fühlt es sich an, wie riecht, klingt, schmeckt es? Ist Bauer zu sein ein Traum oder ein Alptraum oder beides? Und wenn, wieso kann man daran so viel Spaß haben?

Die Antworten darauf wissen die Frauen in der Runde natürlich, schließlich leben sie sie. Wie aber bringe ich das an die Kinder rüber, für sie verständlich und so, dass ihnen nach einem Besuch auf dem Bauernhof oder einer Unterrichtsstunde mit der Bäuerin in der Schulklasse möglichst viel des Erlebten, Erfahrenen, Begeisternden oder im ersten Moment manchmal auch Verschreckenden in Erinnerung bleibt? Den künftigen Bauernpaten einen Teil des später nötigen Rüstzeugs mitzugeben, dafür saß eine weitere Frau in der Runde, die sich auf dem Schinner Hof von Landwirt Frank Lenz versammelt hatten: Christine Hamester-Koch aus Wangelau. „Das ist ein Dorf im Osten von Hamburg, also mitten in der Pampa von Schleswig-Holstein. 220 Einwohner und weit mehr als 2000 Schweine“, beschreibt die redegewandte Frau Anfang 50.

Auf einem Bauernhof groß geworden schnuppert sie Anfang der 1980er Jahre erst einmal in den Beruf einer Erzieherin hinein, arbeitet in Kindergarten und Schule, betreut sprachbehinderte Jugendliche und Erwachsene, bereist Nordamerika und Chile. 25-jährig heiratet Christine Hamester-Koch, baut mit ihrem Mann den eigenen Landwirtschaftsbetrieb und – quasi nebenher – ein Projekt auf, mit dem sie Menschen, vor allem Kindern, hilft, Natur zu erleben und zu begreifen. Bauernhofpädagogik ist eines der Fachgebiete der Bäuerin, die heute unter anderem Manager großer Unternehmen coacht. Genau die richtige Frau, um den Bauernpaten des sachsen-anhaltischen Landfrauenverbandes Tipps und Herangehensweisen mit auf den Weg zu geben.

„Mein Mann hat damals gesagt, du hast ‘n Vogel, aber mach ma“, erinnert sich Christine Hamester-Koch an die Anfänge ihrer Projektarbeit mit Kindern. „Und dann hatten wir an sechs Tagen die Woche Kinder auf dem Hof.“ Jahre der Projektarbeit folgten, aus der auch sie eine Menge gelernt habe. Einen Teil davon gab sie am Dienstag an die Frauenrunde in Schinne weiter. „Den Kindern und auch ihren Lehrern – so ein Tag auf dem Bauernhof ist auch ‘ne Lehrerfortbildung – muss bewusst werden, dass sie den Bauern an jedem Tag mindestens dreimal brauchen. Gäbe es uns nicht, würden sie verhungern.“ Christine Hamester-Koch versteht es, Dinge auf den Punkt zu bringen.

Aus dem Vortrag wird schnell ein Dialog, ein gemeinsames Trainieren bestimmter Abläufe, ein Schärfen der Sinne für den richtigen Umgang mit den Kindern. „Wir wissen alle, dass wir als Bäuerinnen auch Augen im Hintern haben müssen, damit wir immer wissen, was die Kinder machen, Dinge sehen, die die Lehrer bei uns auf dem Hof übersehen“, sagt die Mutter von vier Kindern. „In jeder Schulklasse haben die Tische abgerundete Ecken, sind die Fußböden schön eben. Auf dem Bauernhof gibt es spitze Nägel und Kopfsteinpflaster.“ Und noch eine Erkenntnis aus der Schatztruhe ihrer Erfahrungen: „Wir sind der Natur und ihrer Lebendigkeit ganz nah. Und das ist es, wonach sich die Menschen der westlichen Welt sehnen. Auf der einen Seite sind sie satt, übersatt. Auf der anderen Seite sind sie hungrig, seelenhungrig, Leben hautnah zu erleben.“

Die Chance dazu soll ihnen, soll den Kindern in den Grundschulen, das Projekt „Bauernpaten“ im Norden-Sachsen-Anhalts geben.

Nähere Informationen über das „Bauernpaten“-Projekt gibt es bei Katharina Winkler, Telefon 0391/731 89 40, E-Mail: katharina.winkler@lfv-sachsenanhalt.de.