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Feuer Wer anmeldet, trägt Verantwortung

Brauchtumsfeuer sollte nur anmelden, wer auch die strafrechtliche Verantwortung trägt. So sieht es eine neue Regelung vor.

Von Wolfgang Biermann 02.05.2016, 23:01

Stendal l In der Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck gibt es Unstimmigkeiten hinsichtlich der Umsetzung einer neuen Regelung für die Anmeldung von Brauchtumsfeuern und der diesbezüglichen Verantwortlichkeiten – auch im strafrechtlichen Sinn. So war es am 21. April im Stendaler Lokalteil der Volksstimme unter der Überschrift „Wer darf Feuer anmelden?“ zu lesen.

Nicht zuletzt beruht die neue Regelung wohl auf einem für die Staatsanwaltschaft Stendal unbefriedigenden Ausgang eines Strafprozesses aus dem Vorjahr (Volksstimme berichtete am 7. Oktober vom Auftakt). Dabei ging es um die strafrechtliche Verantwortung für die Brandverletzungen eines Jugendlichen nach dem Osterfeuer in einem Ort der Einheitsgemeinde Bismark im April 2014.

Ein Ortswehrleiter, zugleich Vorsitzender des örtlichen Feuerwehrfördervereins, hatte das Feuer seinerzeit wohl angemeldet, war aber zum Zeitpunkt des Abbrennens gar nicht vor Ort. Zwei Tage nach dem angeblich ordnungsgemäß gelöschten Feuer hatte sich ein Jugendlicher aus dem Dorf schwere Brandverletzungen zugezogen, als er einen Ball aus dem offenbar doch nicht erloschenen Feuer holen wollte. In wessen Händen die Verantwortung statt seiner lag, wollte der wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagte Ortswehrleiter vor Gericht nicht sagen.

Zahlreiche als Zeugen geladene Feuerwehrleute aus dem Dorf konnten oder wollten sich nicht erinnern. Sie würden aus falsch verstandener Kameradschaft mauern, vermutete die Staatsanwältin.

So wussten die Feuerwehrmänner zwar noch genau, wer für die kulinarische Versorgung beim Osterfeuer zuständig war, wer für das Feuer selbst, aber nicht. „Ihre hier zur Schau gestellte offensichtliche Gleichgültigkeit kotzt mich an“, hatte die Staatsanwältin im Prozess dem Wehrleiter vorgehalten. Diese Äußerung brachte ihr selbst eine Strafanzeige vom Angeklagten ein.

Der Richter hatte für Gerätehaus und Wohnung bei dem Angeklagten eine Durchsuchung angeordnet, um an Unterlagen zum Osterfeuer zu kommen. Gegen ihn erhob der Angeklagte den Vorwurf der Befangenheit. Von „ausufernder Verhandlungsführung“ und mit „innerer Haltung gegen den Angeklagten“ wurde der Vorwurf begründet. Ein anderer Richter wies den Befangenheitsantrag gegen seinen Kollegen als unbegründet zurück, weil „keine rechtsfehlerhafte Verhandlungsführung zu erkennen“ war.

Am Ende ist das Verfahren gegen den rechtlich unbescholtenen Ortswehrleiter aus „prozessökonomischen Gründen“ eingestellt worden, weil eine weitere Beweiserhebung unverhältnismäßig sei und am Ende nur eine Geldstrafe stünde – sofern sich überhaupt eine Schuld erweisen ließe. Der verletzte Jugendliche ging leer aus, er bekam am Ende aufgrund der Verfahrenseinstellung kein Schmerzensgeld.

Wie ein parallel laufendes Zivilverfahren endete, war nicht in Erfahrung zu bringen. In Auswertung des Strafverfahrens hielt die für das Dezernat in ihrer Behörde zuständige Staatsanwältin Birte Iliev, zugleich stellvertretende Pressesprecherin, auf einer Sit- zung vor den im Landkreis dafür Verantwortlichen ein Referat. Wie sie der Volksstimme in Auswertung dieser Sitzung sagte, habe sie angemahnt, die handelnden Personen und deren Verantwortlichkeiten schon im Anmeldeformular zum Traditionsfeuer konkret zu benennen. Sie zählte dazu bundesweite Beispiele für eine ordnungsgemäße Gefahrenabwehrverordnung auf.

Während sich das Ordnungsamt der Einheitsgemeinde Bismark auf Volksstimme-Nachfrage gegen eine Verschärfung der Verantwortlichkeiten aussprach, um das dörfliche Leben und ehrenamtliche Aktivitäten nicht zum Erliegen kommen zu lassen, hat das Ordnungsamt der Einheitsgemeinde Arneburg-Goldbeck die Empfehlungen der Staatsanwaltschaft umgesetzt. Und sich damit offensichtlich den Zorn zahlreicher Feuerwehrleute zugezogen.