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Kreisbauerntag Bauern besinnen sich auf ihre Stärken

Ein schwieriges Jahr liegt hinter den Landwirten im Landkreis Stendal. Auf dem Kreisbauerntag ließen sie es Revue passieren.

Von Egmar Gebert 10.02.2017, 00:01

Stendal l Mehr als 300 landwirtschaftliche Betriebe hat der Landkreis Stendal. Es ist nicht übertrieben, von einem prägenden Wirtschaftszweig zu sprechen. 106 bäuerliche Betriebe zuzüglich fördernder Personen sind Mitglieder im Kreisbauernverband Stendal, der zu den mitgliederstärksten im Land gehört. Es verwundert also nicht, wenn die ostaltmärkisch organisierten Landwirte zu ihrem alljährlichen Höhepunkt – dem Kreisbauerntag – landesweite Aufmerksamkeit erfahren.

Gäste des Kreisbauerntages 2017, der im Idener Zentrum für Tierhaltung und Technik stattfand, waren neben dem Stendaler Landrat Carsten Wulfänger der Präsident des sachsen-anhaltinischen Bauernverbandes, Olaf Feuerborn, und Ekkehard Wallbaum, Abteilungsleiter im Landesministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Energie.

Vor ihnen und den Verbandsmitgliedern ließ Kreisvorsitzender André Stallbaum das vergangene Jahr Revue passieren und orientierte auf daraus erwachsende Aufgaben für 2017. Hinter den Bauern liegt ein schwieriges Jahr, eines mit zum Teil nicht lösbaren Aufgaben, setzte Stallbaum an den Anfang. Die harten Einbrüche im Bereich der Fleisch-, Milch- und Eierproduktion seien noch nicht überwunden. Landesweit hätten im vergangenen Jahr 84 Betriebe die Milchproduktion eingestellt. Die Hoffnung darauf, dass diese Verluste mit den Erlösen aus den Druschfrüchten aufgefangen werden könnten, erfüllte sich nicht, da die Getreidepreise weit unter den Erwartungen der Landwirte blieben. Hinzu kommen bürokratische Hürden, vor denen sich die Bauern sehen und die auch nicht kleiner werden.

Kerstin Ramminger, Geschäftsführerin des Kreisbauernverbandes, erläuterte am Mittwoch im Gespräch mit der Volksstimme: „Auf der einen Seite sind die sinkenden Weltmarktpreise. Das Russland-Embargo spielt mit hinein. Und was die Milchpreise betrifft, so sind sie vom Handel gemacht. Diesbezügliche Gespräche gab es, aber ohne Erfolg.“

Dass die Verbraucher bereit sind, für Milch frisch vom Bauernhof auch mehr Geld auszugeben, würden die ersten Erfahrungen mit den Milchtankstellen im Landkreis zeigen. „Die Leute bezahlen gern einen Euro für den Liter Milch.“ Ein halbes Dutzend dieser Milchtankstellen gebe es im Kreis bereits, weitere seien in Vorbereitung.

Was Kerstin Ramminger und die Bauern neben den wirtschaftlichen Problemen schwer zu schaffen macht, sei das Zerrbild, das bestimmte politische Kräfte von der Landwirtschaft zeichnen würden. „Da wird ein negatives Image der Landwirtschaft aufgebaut, um bei Wählern zu punkten“, sagt Ramminger und nennt als jüngstes Beispiel die „neuen Bauernregeln“, die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks aufstellte und die bundesweit mit Plakataktionen verbreitet werden sollten. „So diffamiert man einen ganzen Wirtschaftszweig.“

Da habe es sehr gut getan, während des Kreisbauerntages vom Landrat zu hören, dass die Arbeit der Landwirte im Kreis hoch geschätzt wird, und sie mit ihren Leistungen den Landkreis prägen.

Doch wollen die ostaltmärkischen Landwirte nicht nur auf lobende Worte hoffen, sondern sich auf ihre Stärken besinnen und selbst mehr in die Offensive gehen. Ein Thema, zu dem auch Clemens gr. Macke, Landwirt aus Niedersachsen und Mitglied des dortigen Landtages, als Gast des Kreisbauerntages einen Vortrag hielt.

Zurück zu meinen Stärken, so sein Slogan, mit dem er auf zum Teil recht humorvolle Art dazu ermunterte, sich als Landwirt auf die Stärken des Berufsstandes zu besinnen und sie deutlich zu machen.

„Landwirte sind Menschen, die ihren Beruf mit Liebe ausfülllen, mit Liebe zum Tier und zur Natur. Das gilt es stärker zu vermitteln, griff Kerstin Ramminger im Gespräch mit der Volksstimme eines seiner Beispiele heraus.

Auch, dass landwirtschaftliche Produktion heute eine hochmoderne, umweltschonende sei, gehöre zu deren Stärken. „Der Bauer lebt mit der Natur und von der Natur. Der würde doch nie sein Produktionsmittel Boden kaputt machen. Den braucht er, und den brauchen seine Kinder“, sagt Ramminger. Eigentlich müsse das jedem einleuchten. Dort, wo nicht, will der Kreisbauernverband mehr für diese Erkenntnis werben.

„Wir müssen die Leute auf die Höfe holen. Mit Hof- festen oder Aktionen wie den Schulprojekten“, gibt die Geschäftsführerin eines der auf dem Kreisbauernverband angesprochenen Ziele wieder. Bei den Schulprojekten – 42 gab es im vergangenen Jahr, 52 sind für 2017 bereits geplant – gehe es allerdings nicht nur um die Kinder, die auf den Bauernhöfen quasi hinter die Kulissen schauen können, sondern auch um die Lehrer. „Da gibt es viel Unwissenheit“, hat Kerstin Ramminger festgestellt.

Mehr Öffentlichkeitsarbeit heißt für sie auch: „Wir müssen mit allen reden, auch mit denen, die unsere Gesprächs-angebote bisher ausgeschlagen haben. Und wir müssen über die Themen und Probleme reden, die uns bewegen.“ Auf die Frage nach dem Wie nennt die Geschäftsführerin des Kreisbauernverbandes als Beispiel das „Bauernfrühstück“. Eine Gesprächsreihe, vor allem für Bauern, aber auch für jeden anderen Interessierten. Das nächste Bauernfrühstück findet am 24. Februar in Klietz statt. Das Thema: „Änderung des Schutzstatus des Wolfs zur Erhaltung der Weidewirtschaft in Deutschland“.