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Erster Fall Experte bestätigt Wolfsriss nahe Domersleben

Anderthalb Kilometer vor Domersleben ist Ende vergangener Woche ein Schaf von einem Wolf gerissen worden.

Von Sabrina Trieger 03.11.2015, 00:01

Domersleben l Dass es ein Wolf war, der vor den Toren Domerslebens ein Schaf gerissen hat, das bestätigte am Montag auf Volksstimme-Nachfrage Peter Oestreich, der im Auftrag des Biosphärenreservats Mittelelbe Nutztier-Rissgutachten erstellt. „In diesem Fall bin ich mir sicher, dass es ein Wolf war.“

Der grausige Fund war ihm am Sonnabend von Schafhalter Guido Behrend gemeldet worden. Seine Schafherde war in der Nacht zum Freitag von der Domersleber Wiese ausgebüxt. „Einen Kilometer weiter, kurz vor dem Wanzleber Steinbruch, haben wir sie dann gefunden. Als ich sie gerufen habe, sind sie glücklicherweise sofort zu mir gekommen. Beim Durchzählen ist mir aber zunächst nicht aufgefallen, dass ein Schaf fehlt. Ich hab gedacht, ich hab mich in der Hektik nur verzählt“, berichtet der Domersleber, dessen Herde 75 „Schwarzköpfe“ zählte. Nur durch Zufall sieht ein Bekannter, der mit seiner Motorcross-Maschine in der Flur unterwegs ist, das tote Tier im Gras liegen. Der Anblick grausig. Die Kehle durchtrennt, der Bauch aufgerissen, Innereien und Vorderbeine sowie Teile der Rippen fehlten.

„Er hat mich sofort zu der Stelle geführt. Daraufhin habe ich den Pächter und Jäger Jens Harnisch aus Domersleben an- und hinzugerufen“, erzählt Behrend weiter. Die blutige Tatsache, dass das knapp sechs Monate alte Lamm offenkundig durch einen Kehlenbiss getötet worden ist, lässt bei beiden sofort die Vermutung aufkommen, dass es sich hier um einen Wolfsriss handeln könnte.

Riss-Begutachter Peter Oestreich kam noch am Sonnabend nach Domersleben, um das Tier für weitere Untersuchungen mitzunehmen.

„Der komplette Unterkiefer war abgerissen und vom Tier so viel abgefressen, mindestens zehn Kilogramm, dass das meiner Meinung weder für einen Angriff durch einen Hund noch für ein anderes Tier spricht“, lautete Guido Behrends Spekulation von Anfang an.

„Wenn es sich hierbei tatsächlich um einen Wolfriss handelt, würde das die über den Wolf kontrovers geführte Artenschutz-Diskussion neu entfachen“, hatte gestern Vormittag Pächter Jens Harnisch gegenüber der Volksstimme gemeint. Denn der Wolf steht unter Schutz, darf nicht bejagt werden.

Am Montagnachmittag wird dann aus der Vermutung Gewissheit. Auf Nachfrage erklärte der Rissbegutachter: „Meiner Meinung nach war das ein Einzelgänger, ein ausgewachsener Jungwolf, der hier unterwegs war. Es ist unwahrscheinlich, dass er sich in dieser Gegend noch aufhält.“

Ein Wolf könne in einer Nacht eine Strecke von bis zu 70 Kilometer zurücklegen, merkt Oestreich an. Er erklärt auch, dass die Entwicklung des Wolfes positiv sei. „Dass bedeutet, die Ausbreitung ist fortschreitend.“

Bislang galt der Norden Sachsen-Anhalts bis zur A2 als bekanntes „Wolfsgebiet“. „Hier hatten wir schon mehrere Wolfsrisse.“ Das nahe Domersleben getötete Schaf sei damit für Oestreich der erste bestätigte Fall südlich der Autobahn. Mit diesem Gutachten erhält nun Schafbesitzer Guido Behrend für den Verlust seines Tieres eine Entschädigungszahlung vom Land.