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Beratungsangebot Grünes Licht für Familienzentrum

Gut 57.000 Euro im Jahr würde die Stadt das Familienzentrum im Wernigeröder Stadtfeld kosten. Der Finanzausschuss stimmte dafür.

Von Ivonne Sielaff 14.10.2015, 01:01

Wernigerode l Knapp 4000 Menschen leben im Wernigeröder Wohngebiet Stadtfeld. Gut 25 Prozent davon beziehen Arbeitslosengeld II. Das Stadtviertel wird hauptsächlich von Senioren, jungen Familien und Alleinerziehenden bewohnt. Beratungsangebote allerdings fehlen.

Um den Bewohnern im Stadtfeld eine Anlaufmöglichkeit mit Ansprechpartnern zu bieten, will das städtische Sozialamt zusammen mit dem Internationalen Bund (IB) und anderen Partnern ein Familienzentrum aufbauen. Seit Jahren wird an der Umsetzung gearbeitet. Jetzt steht die Gründung bevor. Vorgesehen ist ein Vertrag über drei Jahre mit dem IB als Träger. Voraussetzung ist ein städtischer Zuschuss über knapp 57 000 Euro pro Jahr, über welchen derzeit in den Fachausschüssen beraten wird.

„Wir sehen diesen Bedarf im Stadtfeld“, sagte Sozialamtschefin Petra Fietz im Finanzausschuss. „Die Menschen dort brauchen einen besonderen Begegnungsort.“ So wurden bei einer Erhebung des IB nicht nur eine zunehmende Vereinsamung und soziale Isolation älterer Bewohner sowie die Erziehungsdefizite junger Eltern festgestellt. Auch in Hinblick auf die zu erwartende Aufnahme von Flüchtlingen sei das Angebot wichtig, so Petra Fietz.

Domizil des neuen Familienzentrums soll das Ärztehaus im Stadtfeld werden. Dort sind im Herbst 2014 Räumlichkeiten im Untergeschoss frei geworden, die der IB anmieten will. „Die Räume sind renoviert, neuer Fußbodenbelag wurde verlegt, sie müssen nur noch eingerichtet werden“, informierte die Sozialamtsleiterin auf Nachfrage. Bereits jetzt sind in den benachbarten Räumen des Quartiersmanagements verschiedene Gruppen tätig. „Die Eltern AG trifft sich dort. Zudem finden drei Baby-Eltern-Kurse statt.“

Am 1. Dezember soll das Familienzentrum eröffnet werden. Unter anderem sind Sprachkurse für Migranten, ein Café, Hausaufgabenhilfe, Bewerbungstraining, interkulturelle Begegnungen, Erziehungsberatung, Beratung für Eltern krebskranker Kinder und Beratung von Familien in Not vorgesehen.

Sozialamt und IB setzen dabei auf ehrenamtliches Engagement. Laut Petra Fietz haben sich schon viele Wernigeröder gemeldet, die im Familienzentrum mitwirken wollen. Organisiert werden soll dies von einer „Fachkraft“, die darüber hinaus für Dokumentation, Evaluation und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

Die Personalkosten sind es auch, die mit 35 800 Euro den größten Anteil des städtischen Zuschusses ausmachen. Dazu kommen Ausgaben für Miete, Nebenkosten, Strom, Müll und weiteres.

Die Räumlichkeiten im Ärztehaus seien gut geeignet. „Doch die Personalkosten sind mir zu hoch“, meldet sich Ausschusschef Reinhard Wurzel (CDU) zu Wort. Er wünsche sich stattdessen viel mehr ehrenamtliche Arbeit. „Einem so hohen Zuschuss zum gegenwärtigen Zeitpunkt zuzustimmen, halte ich für falsch. Wir können den Haushalt für 2016 noch nicht überblicken, müssen mit einem hohen Defizit rechnen“, so Wurzel. „Wenn wir den Zuschuss für drei Jahre festschreiben, dann ist es so. Dann kommen wir nicht wieder raus.“ Bei Geldmangel müsste an anderen freiwilligen Aufgaben gespart werden, gab Wurzel zu bedenken.

„Wir brauchen einen Mitarbeiter, der ständig vor Ort ist“, entgegnete Petra Fietz. Die Arbeit im Familienzentrum müsse strukturiert und koordiniert werden.

Tobias Kascha (SPD) möchte „unbedingt“ zustimmen. „Angesichts der aktuellen Flüchtlingsproblematik ist das Familienzentrum genau das Richtige, um die Dinge, die auf uns zukommen, zu bewältigen“, so Kascha. Das sahen Bernhard Zimmermann (Bündnis 90/ Grüne) und Thomas Schatz (Linke) ähnlich. „Das Stadtfeld wird das Image der Platte nicht los“, so Schatz. „Es ist wichtig, sich stärker zu engagieren, auch damit die Investitionen von GWW und WWG nicht verpuffen.“

André Weber (CDU) begrüßte die Vorlage ebenso, regte aber an, nach einem Jahr zu ermitteln, was genau von Vereinen angeboten wird und wie der Zustrom ist. „Vielleicht sind genug Ehrenamtliche da, so dass die Personalkosten reduziert werden können. Auf der anderen Seite: Vielleicht brauchen wir sogar mehr Personal.“

Die Mitglieder des Finanzausschuss stimmten mehrheitlich für den städtischen Zuschuss von 57 000 Euro. Nur Reinhard Wurzel votierte dagegen. Der Stadtrat hat am Donnerstag, 5. November, das letzte Wort.

Übrigens: Die Arbeiterwohlfahrt unterbreitete vor einigen Jahren ein ähnliches Angebot im Stadtfeld. Die Begegnungsstätte in der Max-Otto-Straße wurde 2009 unter anderem mit Krabbelgruppe und Seniorentreff eröffnet. Drei Jahre später war die Finanzierung des Projektes ausgelaufen, die Begegnungsstätte schloss ihre Pforten wieder.