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Evangelische Schlesier Brücken des Friedens bauen

Ihr 25. Jubiläum feierten die Evangelischen Schlesier Anhalts in Zerbst.

Von Emily Engels 02.05.2017, 07:00

Zerbst l Lidia Podzorska kann es sich nur vorstellen wie es damals für die Menschen gewesen sein muss, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden. „Ich selbst habe es ja nicht miterlebt“, sagt die Gemeindeschwester aus Breslau. Hergekommen ist sie zum 25-jährigen Jubiläum der Gemeinschaft Evangelische Schlesier in Anhalt – auf Einladung von Pfarrer i.R. Heinz Lischke.

Heinz Lischke, der wenige Tage zuvor seinen 90. Geburtstag begangen hatte, ist als Nestor, Mitbegründer und prägende Gestalt der evangelischen Schlesier in Anhalt dankbar, dass er die Festveranstaltung miterleben darf.

„Für mich ist der heutige Tag ein wunderbarer Höhepunkt und gleichzeitig auch ein Abschluss meines Einsatzes für die Evangelischen Schlesier in Anhalt“, sagt er. Denn aufgrund seines hohen Alters könne er nicht mehr viel zu der Arbeit beitragen. Über eines ist er jedoch sicher. So sagt er: Ich weiß, dass die Gemeinschaft in guten Händen ist.“

Im Mittelpunkt des Tages steht neben der Zusammenkunft ein Gottesdienst geleitet vom Ryszardt Bogusz, Bischof i.R. der Diözese Breslau der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen. Er hält den Gottesdienst in altpreußisch-unierter Liturgie. Er sagt: „Dass wir nach dem Zweiten Weltkrieg und der Vertreibung so vieler Deutscher aus Schlesien heute als Freunde hier zusammen sind, ist für mich immer noch ein Wunder.“

Die 1992 gegründete Gemeinschaft Evangelischer Schlesier in Anhalt habe daran großen Anteil und leiste bis heute eine wichtige Versöhnungsarbeit, betont der anhaltische Kirchenpräsident Joachim Liebig. Diese müsse fortgesetzt werden: „Deshalb sind wir heute hier: um uns zu erinnern – aber auch, um neue Kontakt zu knüpfen.“

Der Vorsitzende der evangelischen Schlesier in Anhalt, Pfarrer Markus Rinke aus Roßlau, sagt, die Gemeinschaft habe Schlesiern in Anhalt nach der Wende Gelegenheit gegeben, im Gespräch und in der Gemeinschaft ihr Trauma zu überwinden. Zugleich hebt Rinke den intensiven Austausch mit evangelischen Christen in Polen hervor, etwa in Liegnitz und Glogau. „Wir waren und sind Brückenbauer für Frieden und Versöhnung.“

Ganz viele solcher Geschichten von evangelischen Christen in Polen könnte Lidia Podzorska erzählen. Ganz viele Schicksale aber auch glückliche Momente fallen ihr ein, die Menschen, die sie in ihrer Gemeinde betreut, erlebt haben. Wie genau sie sich fühlen, wird sie wohl niemals erfahren, sondern nur erahnen können. Nur über eine Sache ist sich die gläubige Christin ganz sicher. So sagt sie: „Der Glaube hilft ihnen, Halt zu finden.“

Und Heinz Lischke? Der hat seine Geschichte viel mehr als nur in dem Buch „An meine schlesische Heimat“ aufgeschrieben. Wie so viele derer, die heute den Weg in die St.-Bartholomäi-Kirche gefunden haben, trägt er sie jeden Tag mit sich – in seinem Herzen.