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Wirtschaftsvertreter Alexander Markus "Es gibt in Kiew keinen Hass auf alle Russen"

22.11.2014, 06:15

Alexander Markus leitet die Delegation der Deutschen Wirtschaft in Kiew und war in dieser Woche Gast beim Außenwirtschaftstag der IHK Magdeburg. Über die Lage in der Ukraine sprach Steffen Honig mit dem gebürtigen Hildesheimer.

Volksstimme: In der Ukraine wird viel von einem notwendigen radikalen Umbau in Wirtschaft und Gesellschaft gesprochen. Für wie reformfähig halten Sie die Führung in Kiew?

Alexander Markus: Das Beispiel Georgien hat gezeigt, wie erfolgreich Wirtschaftsreformen praktiziert werden können. Nun ist Georgien ein kleines Land, doch das, was dort gemacht wurde, kann im Prinzip auch in der viel größeren Ukraine passieren. Das Entscheidende in der Ukraine sind Deregulierung und Entbürokratisierung. Es müssen genau die Barrieren abgebaut werden, die erst zur Korruption führen. Nötig ist dafür ein Justizsystem, das Rechtssicherheit garantiert - als Grundvoraussetzung für Investitionen.

Das vereinbarte "Winterpaket" soll der Ukraine die Gasversorgung durch Russland sichern. Reicht das, damit das Land durch den Winter kommt?

Ich glaube, die Voraussetzungen dafür kann man schaffen. Die Gasvereinbarung ist eine wichtige Grundlage dafür.

Eine Staatspleite der Ukraine ist also nicht zu erwarten?

Der alte und mögliche neue ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk hat mit Blick auf die Staatspleite in Argentinien gesagt: Das wird in der Ukraine nicht passieren. Inwiefern er sich daran halten kann, wage ich allerdings nicht vorherzusagen. Das offizielle Rating, also die Kreditwürdigkeit der Ukraine, sieht miserabel aus. Das will ich gar nicht beschönigen.

Sehen Sie eine Chance, dass der Bruderkrieg zwischen Ukrainern und Russen beendet werden kann?

Ich hoffe sehr. Die Ukrainer sind letztlich darüber genauso unglücklich wie viele Russen. Das muss man sich ganz nüchtern klarmachen. Es freut mich sehr, dass in Kiew, wo ich lebe, ganz deutlich unterschieden wird. Da gibt es keinen Hass auf alle Russen, es wird unterschieden zwischen Regierung und Bevölkerung. Kiew ist im Prinzip bis heute eine russischsprachige Stadt.