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Kieler Institutsdirektor Beske sieht Gesundheitswesen vor Riesenproblemen / Sein Vorschlag: Priorisierung und Rationierung als Methoden

Von Wolfgang Schulz 25.03.2010, 10:57

Z: Magdeburg ZS: MD PZ: Magdeburg PZS: MD Prio: höchste Priorität IssueDate: 24.03.2010 23:00:00
Spätestens in zehn Jahren, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen, ist die Finanzierung des Gesundheitswesens endgültig am Ende. Dessen jedenfalls ist sich Professor Fritz Beske, Chef des Kieler Instituts für Gesundheits-System-Forschung (IGSF), sicher. Noch bestimme heute der Leistungsbedarf der Versicherten das Finanzvolumen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), sagte er gestern in Berlin bei der Vorstellung der neuen Studie seines Instituts über "Bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung bei begrenzten Mitteln". "Doch mit dem Jahr 2020 ist der Zeitpunkt erreicht, zu dem das in der GKV zur Verfügung stehende Finanzvolumen den Leistungsumfang der GKV bestimmen wird."

Mit anderen Worten: Leistungskürzungen in der medizinischen Versorgung der Bevölkerung sind nicht mehr zu umgehen, die gesetzlich versicherten Patienten werden mehr und mehr zu Patienten zweiter Klasse. Schuld daran sind die Leute selbst, die immer weniger, immer älter und immer kranker werden. Die Zahl der Beitragszahler nimmt ab, die Zahl der Leistungsempfänger steigt und steigt.

Eigentlich keine neuen Erkentnisse, die der Professor auf 250 Seiten der Studie zusammengetragen hat. In Berlin tagt bereits eine Regierungskommission, die Auswege für das Gesundheitswesen suchen soll. Beske versteht seine Überlegungen als Anregungen für diese Kommission.

Doch der Professor legt den Finger in eine alte Wunde und spricht ein Thema an, das von der Politik nahezu tabuisiert wird. Gemeint sind Priorisierung und Rationierung, die Beske künftig als einzige "Methoden zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung" im Gesundheitswesen sieht. Bundeskanzlerin Merkel (CDU) und Gesundheitsminister Rösler (FDP), das sei angemerkt, lehnen die Priorisierung ab.

Unter Priorisierung versteht Beske die Aufstellung einer Rangfolge medizinischer Leistungen mit höchster und niedrigster Wertigkeit. Danach werde entschieden, wer wann welche Behandlung erhält.

Rationierung ist die Nicht-Gewährung von Leistungen durch Nicht-Aufnahme in den Leistungskatalog oder durch Herausnahme aus dem Leistungskatalog der GKV.

Mit seinen Vorschlägen befindet sich Beske im Einklang mit den Medizin-Funktionären von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung. Letztere hat zusammen mit der Hans-Neuffer-Stiftung die Studie finanziert.

Beske befürchtet, dass "sein Weg" zur Finanzierung der GKV auf Widerstand stoßen werde. Er hofft aber, dass eine öffentliche Diskussion in Gang komme, "denn die ist notwendig".