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Stjepan Mesic Viele Seelen in der Brust

18.02.2010, 05:17

Z: Magdeburg ZS: MD PZ: Magdeburg PZS: MD Prio: höchste Priorität IssueDate: 17.02.2010 23:00:00
Von Thomas Brey

Nach zwei Amtszeiten an der Spitze des kroatischen Staates tritt Stjepan Mesic heute in den politischen Ruhestand. Mit ihm geht auch der letzte Spitzenpolitiker in Pension, der seinerzeit das Schicksal des auseinanderbrechenden Vielvölkerstaates Jugoslawien bestimmt hat.

Der 75-jährige gelernte Jurist begann seine Karriere 1966 als überzeugter Kommunist im Parlament der Teilrepublik Kroatien. Anfang der 70er Jahre wurde er als "Nationalist" für ein Jahr ins Gefängnis gesteckt. 1989 gründete er zusammen mit Franjo Tudjman die erste nicht-kommunistische Partei Kroatiens, die HDZ. 1991 wurde er letzter Präsident des jugoslawischen Staatspräsidiums.

"Am Ende meiner Amtszeit wird es dieses Land in dieser Form nicht mehr geben", hatte er damals schon vorhergesagt. Die Serben sehen darin den "Beweis", dass Mesic der eigentliche "Totengräber" Jugoslawiens war. Doch der Vielvölkerstaat zerfiel in blutigen Bürgerkriegen.

Seinem Weggefährten Tudjman, der als Präsident zum starken Mann Kroatiens aufstieg, konnte Mesic nicht verzeihen, dass er mit dem serbischen "Erzfeind" in Gestalt von Slobodan Milosevic bei der Aufteilung Bosniens Geschäfte machen wollte. Auch die Bereicherung des Tudjman-Clans prangerte Mesic immer wieder an.

Die vielen Seelen in seiner Brust sind typisch für die "jugoslawische" Vergangenheit von Mesic. Nicht ohne Sinn machte er seine letzte Auslandsreise in das von Serbien abgefallene Kosovo. Gleichzeitig ist er jedoch mit einer Serbin verheiratet. Mesic verteidgte die kommunistischen Partisanen im Zweiten Weltkrieg. Er schreckte nicht davor zurück, bei der kroatischen Diaspora in Australien, Kanada oder Deutschland den faschistischen Ustascha-Staat (April 1941 bis Mai 1945) zu loben.

Die letzten Jahre seiner Amtszeit wurde Mesic zum geläuterten Demokraten. Und auch das alte Jugoslawien hätte seiner Überzeugung nach eine Überlebenschance gehabt, wenn die großserbischen Nationalisten zurückgesteckt hätten.(dpa)