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Alois Kösters über den neuen Polizeiruf 110: Klappfiguren und Klischees

19.09.2013, 01:12

Es ist den hervorragenden Darstellern zu verdanken, dass dieser Film Unterhaltungswert hat. Statt Charakter ist Kommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) eine Comic-Figur: Beim Biken, Prügeln und Schießen mit wundersamen Kräften ausgestattet. Nebenbei erfüllt sie alle Klischees einer toughen Frau, wie West-Männer sie in den 80er Jahren erfunden haben: schön, trinkfest, männerverbrauchend. Der Reihe nach lässt der Drehbuch-Autor Christoph Fromm Menschen wie Klappfiguren auftreten, die seltsam unentwickelt in der Handlung herumstehen.

Säuberlich aufgereiht wie im Benjamin-Blümchen-Hörspiel: Der bigott-verbrecherische Wirtschaftsanwalt, der böse Banker, der korrupte Polizeipräsident. Zwischen diesem Panoptikum der Unsympathen irren Mutter und Sohn umher und wieder ist es allein ihre Darstellungskunst, die dem grob skizzierten Mutter-Sohn-Konflikt in einigen Momenten Glaubwürdigkeit verleiht. Auch dem Partner-Kommissar Jochen Drexler (Sylvester Groth) möchte man länger bei ruhigem Spiel zuschauen. Stattdessen reiht der Autor die gängigsten 90er-Jahre-Ost-Klischees auf: Die aus dem Rostocker Polizeiruf bekannten Schnapsexzesse, Bruchbauten-Tristesse und natürlich - Nazis überall. Der MDR nennt das "Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Problemen." Aber keine Sorge: So oberflächlich dargeboten, nimmt sie keiner mehr ernst.