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Schnabelkürzen beenden Handel will die Hennen schützen

Die Handelsketten Edeka und Rewe bieten in Niedersachsen erstmals Eier
von Legehennen an, deren Schnäbel nicht gekürzt wurden. Anfang 2017 will
der Handel bundesweit nur noch Eier von glücklichen Hühnern in den
Verkauf bringen.

24.11.2014, 01:29

Magdeburg l Manche Landwirte nutzen ein 800 Grad heißes Messer, andere einen Laserstrahl, um ihren Legehennen die Schnäbel zu kürzen. Sie rechtfertigen die Prozedur damit, dass sich die Tiere sonst unter Stress an- oder gar totpicken würden. Tierschützer sehen im Kürzen der sensiblen Schnäbel schon lange einen barbarischen Akt, aber erst jetzt bahnt sich ausgehend von Niedersachsen eine Zeitenwende an.

Von 2017 an soll das Kupieren der Schnäbel dort verboten sein. Zehn weitere Länder überlegen ebenfalls, ein Verbot auf den Weg zu bringen. Das Besondere daran: Nicht nur die Politik hat sich das Tierwohl auf die Fahnen geschrieben, sondern der Handel auch. Die Handelsketten Edeka und Rewe bieten bereits jetzt in niedersächsischen Märkten Eier aus Betrieben an, die auf das Kürzen der Schnäbel von Legehennen verzichten. 100.000 Hennen dürfen dadurch ihre Schnäbel ungekürzt behalten.

Fakten hat auch schon die Gütesiegelorganisation KAT geschaffen. Sie informierte ihre 2.500 Mitgliedsbetriebe bereits darüber, dass sie das Verbot ab 2017 unterstützt. Bei der KAT handelt es sich nicht um irgendeinen Nischenverein. Praktisch alle deutschen Supermärkte verlangen von ihren Eierlieferanten, dass sie von der Organisation zertifiziert sind. Kurzum: Was die KAT beschließt, betrifft praktisch alle Eier in Märkten.

In den niedersächsischen Betrieben, von denen Rewe und Edeka nun ihre Eier beziehen, kommen rohfaserreiches Futter, Pickblöcke und Körner als Beschäftigungsmaterial zum Einsatz, damit sich die Hennen nicht gegenseitig picken. Das Land Niedersachsen fördert die Modellbetriebe mit 500.000 Euro.

Die Landesregierung in Sachsen-Anhalt hat sich bislang noch nicht dazu durchringen können, das Schnabelkürzen ab 2017 zu verbieten. "Es steht zu befürchten, dass die Eierproduzenten den Anschluss verlieren, falls sie ab 2017 die Anforderungen des Handels nicht erfüllen können", kritisiert die Agrar-Expertin der Grünen, Dorothea Frederking. Ihr Verbots-Antrag scheiterte im September im Landtag an den Stimmen von CDU und SPD. Die Regierungskoalition sprach sich damals zwar auch für einen Ausstieg aus, nannte jedoch kein Datum. Agrarminister Hermann Onko Aeikens (CDU) betonte seinerzeit, es müssten erst wissenschaftlich fundierte und gesellschaftlich akzeptierte Normen in der Nutztierhaltung definiert werden und auch wirtschaftliche Belange dürfe man nicht außer Acht lassen.

Länder wie Niedersachsen, die Handelsketten und die einflussreiche Gütesiegelorganisation KAT sehen das aber offenbar anders. Frederking appelliert, dass die Betriebe in Sachsen-Anhalt von den Modellprojekten im Nachbarbundesland frühzeitig lernen sollten, um von der Entwicklung nicht abgehängt zu werden.

Verbraucher müssen sich wegen des höheren Aufwands in der Hennenhaltung darauf einstellen, dass Eier spätestens ab 2017 teurer werden. Die Tierschützer der Albert-Schweitzer-Stiftung rechnen mit einem Anstieg von vier Cent pro Ei.