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Enercon-Chef Kettwig will interne Unternehmenskultur Was zählt, ist hinter dem Tor

Der Windanlagenbauer Enercon hat am Donnerstag seinen vierten Standort
in Magdeburg eingeweiht. Konzernchef Hans-Dieter Kettwig sprach sich bei
der Inbetriebnahme für eine interne Unternehmenskultur aus.
Einflussnahme durch die Gewerkschaft lehnt er weiterhin ab.

09.01.2015, 01:06

Magdeburg l 15 Millionen Euro hat die neue Produktionsstätte im Stadtteil Rothensee gekostet. Am neuen Standort will der Hersteller für Windkraftanlagen Rohlinge für Rotorblätter sowie Generatoren fertigen. 250 neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Das Gelände am Industriehafen war bis vor vier Jahren noch die Heimat des Holzplattenhersteller Varioboard. Wegen wirtschaftlicher Probleme war das Werk 2011 geschlossen worden. 180 Arbeitsplätze gingen verloren.

"Enercon fühlt sich sehr wohl in Sachsen-Anhalt und in Magdeburg", sagte Konzern-Chef Hans-Dieter Kettwig. Seit 1998 ist das Unternehmen aus dem ostfriesischen Aurich in der Landeshauptstadt tätig. In der Magdeburger Region gibt es 15 Tochterfirmen mit rund 5000 Mitarbeitern. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sieht in dem Engagement von Enercon eine Bestätigung für den Industriestandort Magdeburg-Rothensee: "Es hat sich gelohnt, hier in eine moderne Infrastruktur zu investieren, die eine Anbindung sowohl im Bereich Straße, Schiene und Wasserweg ermöglicht."

Mit Blick auf die noch immer andauernde Auseinandersetzung zwischen Enercon und der Gewerkschaft IG Metall sagte Haseloff: "Unternehmen, Belegschaftsvertreter und Gewerkschaften haben eine gesellschaftliche Verantwortung. Im Einzelfall sollte für die Mitarbeiter immer eine Lösung gefunden werden, mit der es weitergehen kann." Enercon-Chef Kettwig lehnt die Einmischung durch die Gewerkschaft hingegen weiter ab. In seinem Konzern werde eine interne Kultur der freien Meinungsäußerung gelebt. "Die Türen der Führungskräfte bei Enercon stehen immer offen. Was wir nicht möchten, ist, dass uns von außen erzählt wird, was wir zu tun haben."

Vor dem Werkstor des neuen Standorts versammelten sich bei der Einweihung nur eine Handvoll Gewerkschafts-Aktivisten der IG Metall, um für mehr Mitbestimmung durch Mitarbeiter im Enercon-Konzern zu werben. Hintergrund ist der Streit zwischen der Enercon-Tochter WEA Service Ost und dem gekündigten Magdeburger Betriebsrat Nils-Holger Böttger (die Volksstimme berichtete).

Böttger hatte sich als Betriebsratsvorsitzender für Leiharbeiter eingesetzt, die an einem Wochenende unbezahlt an einer Weiterbildung teilnehmen sollten. In einer Mail an die gesamte Belegschaft übte er Kritik an dem verantwortlichen Personaldienstleister. Die WEA Service Ost sah darin ein Überschreiten der Kompetenzen des Arbeitnehmervertreters und kündigte Böttger. Die IG Metall sammelte daraufhin 14000 Unterschriften gegen die Entlassung und warf der Geschäftsführung mitbestimmungsfeindliches Handeln vor. Im vergangenen September landete der Fall vor dem Magdeburger Arbeitsgericht. Ein Gütetermin scheiterte. Der erste Verhandlungstag ist für den 21. Januar angesetzt.