1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Burg
  6. >
  7. Schlägerei und Entführung in Burg? Polizei sucht nach unabhängigen Zeugen

Politische Motivation kann nicht ausgeschlossen werden / Zwei 18-Jährige sind Opfer Schlägerei und Entführung in Burg? Polizei sucht nach unabhängigen Zeugen

Von Tobias Dachenhausen 05.11.2013, 02:13

Burg l Zwei junge Männer sollen Sonntagfrüh in eine tätliche Auseinandersetzung vor einer Diskothek in Burg geraten sein. Angaben der Geschädigten zufolge wurde einer der beiden mit einem Pkw entführt und kurze Zeit später wieder freigelassen. Eine politische Motivation schließt die Polizei nach bislang vorliegenden Ermittlungen nicht aus. Kenntnis von dem Vorfall erhielt die Polizei allerdings erst im Rahmen einer Verkehrskontrolle, bei der am Sonntag gegen 4.10 Uhr einer der Geschädigten mit seinem Fahrrad angehalten wurde.

Die Geschädigten, zwei 18-Jährige aus Burg, wovon sich einer selbst als "linksorientiert" bezeichnet, hielten sich eigenen Angaben zufolge gegen 2 Uhr vor der Diskothek "Big Ben" in der Bahnhofsstraße auf. Hier soll es dann zu der Auseinandersetzung zwischen ihnen und mehreren Personen, die sich selbst als Zugehörige der "Blue White Street Elite" (kurz: "B.W.S.E."), eine rechtsextreme Schlägertruppe aus Sachsen-Anhalt, bezeichneten, gekommen sein.

Weil man ihnen Schläge androhte, flüchteten die jungen Männer in Richtung Bahnhof, als plötzlich ein Passat, besetzt mit vier Personen, vorgefahren sein soll. Einer der Geschädigten sei dann gezwungen worden, in das Fahrzeug einzusteigen. Die Unbekannten fuhren mit ihm bis kurz vor den Ortsteil Detershagen, wo er aus dem Fahrzeug gelassen wurde, nachdem man ihm sein Handy abgenommen habe. Während der Fahrt soll der junge Mann von den Tätern geschlagen worden sein.

Die Polizeibeamten stellten bei beiden Geschädigten Verletzungen im Gesichtsbereich fest. Aufgrund der bisher vorliegenden Aussagen der Geschädigten ermittelt die Polizei gegenwärtig wegen des Verdachts des Menschenraubs, der gefährlichen Körperverletzung und des Diebstahls.

Im Vorfeld hatte die "Antifaschistische Aktion Burg (AAB)" am Sonnabendnachmittag zu einer Demonstration mit 230 Teilnehmern unter dem Motto "In die Offensive! Schluss mit dem Naziterror und Repressionen! Linke Politik verteidigen!" in Burg abgerufen, die weitgehend friedlich verlaufen war. AAB-Pressesprecherin Mia Sommer ist über das nächtliche Geschehen erschrocken. "Es ist einfach unglaublich, was sich in den letzten Stunden in Burg abspielte". Die Gruppe kündigt auf ihrer Internetseite an, "gegen diesen Terror der Nazis selbstständig ohne Zusammenarbeit mit der Polizei vorgehen" zu wollen.

Die "Blue White Street Elite" sind eine Mischung aus "fanatischen Fußballfans und gewaltbereiten Rechten" - so Innenstaatssekretär Rüdiger Erben im Jahr 2008 über die Vereinigung. Die Angaben über die Anzahl der Mitglieder variiert von 25 bis 60. Die "Blue White Street Elite" fährt zu Auswärtsspielen des 1. FC Magdeburg, um sich dort mit den Fans anderer Clubs zu prügeln. Sie terrorisieren Jugendclubs im Jerichower Land und tauchen oft vor bekannten Diskotheken im Umland auf. Die Gruppierung wurde 1998 vom Innenministerium Sachsen-Anhalt verboten.

Laut aktuellem Verfassungsschutzbericht werden der gewaltbereiten rechtsextremen Szene im Jerichower Land 80 bis 90 Personen zugeordnet.

Bislang liegen keine unabhängigen Zeugenaussagen zu den genauen Abläufen in der Nacht zum Sonntag vor. Deshalb sucht die Polizei Zeugen, die Beobachtungen im Zusammenhang mit dem Sachverhalt gemacht haben. Diese werden gebeten, sich unter der Nummer (03921) 9200 zu melden.