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Einmaliges Projekt in Deutschland / Ausgang ungewiss Tablet statt Buch: Burger Schüler lernen digital

Von Anja Guse 23.06.2012, 05:14

Digitale Schulbücher bereichern künftig den Unterricht in der Clausewitz-Sekundarschule. Sind sie Segen oder Fluch? Ein Projekt soll dies klären. Es ist das erste dieser Art in Deutschland. Begonnen wird nach den Sommerferien, die passenden Tablets dafür gibt es bereits.

Burg l "Es wird interessant, spannend und intensiv." Mit diesen Worten kündigte Schulleiter Jürgen Scholz gestern ein neues Zeitalter des Lernens in der Clausewitz-Sekundarschule in Burg an. Zwei Jahre lang werden Schüler und Lehrer im Fokus eines Projektes stehen. Ausgang ungewiss.

Die Mädchen und Jungen einer 8. bzw. 9. Klasse sollen ab dem kommenden Schuljahr den Einsatz von digitalen Schulbüchern testen. Gestern gaben sie gemeinsam mit Lehrern und Projektpartnern den Startschuss. Vorbei sind damit die Zeiten dicker Wälzer, die das Tragen des Schulranzens im wahrsten Sinne des Wortes erschwerten. Die Bücher wiegen sieben Kilo, der Rechner nur ein.

Mit Tablets ausgestattet werden die Burger sämtlichen Lehrstoff nur noch digital konsumieren. Ein Novum in Deutschland, erklärte Bernd Koßmann. Er ist Projektleiter am Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA). Unter dessen Federführung wird das Vorhaben durchgeführt.

Getestet wird der Einsatz moderner Technologien in Bildungsprozessen. Noch sind viele Fragen offen: Welche Funktionen müssen Computer und digitale Schulbücher erfüllen, damit sie im Unterricht praktikabel sind? Welche Mindeststandards an technische Infrastrukturen in den Schulen müssen erfüllt sein? Und an welcher Stelle können die digitalen Bücher überhaupt sinnvoll eingesetzt werden? Diese Fragen sollen mit Hilfe des Projektes beantwortet werden.

So spannend das Vorhaben ist, so vielfältig sind auch die Projektpartner. Neben dem LISA ist auch die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg dabei. Sie übernimmt die Evaluierung. Hinzu kommen diverse Schulbuchverlage. Ihre digitalen Inhalte werden die Schüler nun genauer unter die Lupe nehmen. "Im Moment haben wir noch keine klare Vorstellung davon, wie sich der E-Book-Markt in diesem Bereich entwickelt", sagte Gunter Becker vom Cornelsen-Verlag. "Uns interessiert, wie die digitalen Bücher ankommen und welche Wünsche bestehen."

Bernd Bielmeier von der Intel GmbH erhofft sich Erkenntnisse über einen nachhaltigen Umgang mit Technik an Schulen. Später soll ein Leitfaden für Lehrer und Schüler entstehen. Und Jens Antefuhr, Referatsleiter im Kultusministerium des Landes, fordert die Lehrer auf, sich auf das Wissen der Schüler einzulassen. "Nutzen sie das Potenzial, das vor ihnen sitzt", meinte er. Schließlich habe manch ein Schüler sogar mehr Ahnung von mobilen Computern und dem Umgang im Internet als einige Lehrer.

Antefuhr stellte aber auch klar: "Wenn das Projekt nicht funktioniert, ist es gestorben." Soll heißen: Bringt der Einsatz von digitalen Schulbüchern keinen klaren Lernvorteil, wird nicht investiert.

Neben der Clausewitz-Sekundarschule nehmen an dem Projekt auch die Integrierte Gesamtschule Regine Hildebrandt aus Magdeburg sowie die Sekundarschule Johann-Christian-Reil aus Halle teil. Insgesamt wurden 87 Tablet-PC samt digitaler Schulbücher verteilte, sagte Koßmann. Bislang werden Geräte und Software kostenfrei gestellt. Ist das Projekt erfolgreich, würde das Land finanziell einspringen, die Eltern müssten einen Zuschuss zahlen. Für ein klassisches Schulbuch aus Papier gelten derzeit die gleichen Regeln. Diese Bücher sind durchschnittlich vier Jahre in Gebrauch. Ähnlich soll es sich mit den Tablets verhalten. "Es wäre ein Null-Summen-Spiel für alle", meinte Koßmann mit Blick auf die Kosten.

Den technischen Support übernimmt vorerst der LISA-Projektleiter. Den Lehrern könne dies nicht zusätzlich aufgebürdet werden.

Einen ersten praktischen Versuch haben die Burger Schüler kürzlich unternommen. Lehrerin Nicole Balut berichtete: "Es war eine spannende Stunde. Einige saßen auf dem Boden, das Tablet in der Hand." Und Schülerin Julia Struch (12) fügte hinzu: "Anfangs war es kompliziert, aber dann ging es gut." Zuhause nutzt sie bereits ein Netbook. Damit chattet sie im Internet oder schreibt ihre Hausaufgaben.