Die Magdeburgerin Ute Besecke übergab der Stadt ein historisches Adressbuch als Dauerleihgabe Wo einst Gardelegens "Gendarmen" zu Hause waren
Gardelegen l Es liest sich fast so spannend wie ein Krimi, dabei sind im Buch eigentlich nur Adressen aufgelistet. Die allerdings sind schon viele Jahre alt und erzählen schon deshalb Geschichten.
Seit gestern gehört das Buch nun der Stadt - als Dauerleihgabe der Magdeburgerin Ute Besecke. Sie hat viele Jahre in Gardelegen gelebt, ist auch gebürtige Altmärkerin, und die seien ja bekanntermaßen "besonders eng mit ihrer Heimat verwurzelt", erzählt sie gestern beim Pressegespräch mit Bürgermeister Konrad Fuchs. "Ich merke das immer meinem Sohn an, der in Gardelegen wohnt. Wenn er zwei Wochen die Kirchturmspitze von Gardelegen nicht sehen kann, ist er immer richtig krank."
Und so erklärt es sich auch, dass Besecke immer aufhorcht, wenn der Name Gardelegen fällt.
Vor einiger Zeit nun habe sie sich mit dem Nürnberger Prozess beschäftigt, und in diesem Zusammenhang sei der Name Richard Sonnenfeldt gefallen, berichtet die Magdeburgerin.
Der einstige Chefübersetzer beim Prozess gegen führende Nazigrößen war gebürtiger Gardeleger, das sei ihr natürlich bekannt, so Besecke. In diesem Zusammenhang habe sie sich aber schließlich an ein altes Büchlein erinnert, das aus dem Nachlass ihres Schwiegervaters Rudolf Kuffky stamme - "ein Gardeleger Adressbuch von 1938" - und siehe da, darin habe sie die Adresse von Familie Sonnenfeldt gefunden.
Und dazu noch ganz viele andere Einträge. Denn in dem Buch stehen nicht nur die Privatanschriften der Gardeleger Bürger, die Ende der 30er Jahre in der Stadt und Umgebung wohnten, sondern auch jene von Vereinen, Feuerwehren und anderen Organisationen. Selbst wo die einstigen Gendarmen der Stadt zu Hause waren, kann man in dem Buch nachlesen.
Dazu warben - ähnlich den heutigen Telefonbüchern - auch damals schon zahlreiche Werbeanzeigen für Unternehmen in der Stadt. So macht die "Stadtsparkasse Gardelegen gegründet 1872" zum Beispiel Reklame für das "Spargirokonto". Das Kaufhaus Wilhelm Wollbrandt preist wiederum seine "große Auswahl und niedrige Preise" an. Das Haus selbst gibt es nicht mehr, die Bezeichnung Wollbrandtseck für die Kreuzung Sandstraße, Philipp-Müller-Straße und Thälmannstraße ist indes vielen Gardelegern noch bekannt.
"Und so etwas darf doch eigentlich nicht in der Versenkung verschwinden", dachte sich Ute Besecke. Ein Gespräch mit Gardelegens Bürgermeister Konrad Fuchs habe sie schließlich darin bestätigt. Und so entschloss sich die gebürtige Altmärkerin denn auch, das Buch der Stadt zu übergeben.
Gestern nun durfte Fuchs auch persönlich mal einen Blick in das Büchlein werfen, in dem von Karl Müller, Landmann in der Ackendorfer Landstraße, bis zu Marie Zwingemann, Pensionärin in der Straße der SA, unzählige Adressen aufgelistet sind. "Total spannend", fand auch Fuchs die Einträge. Besonders freute sich Fuchs auch über zwei Postkarten mit historischen Aufnahmen aus dem Stadtgebiet, die als Lesezeichen im Buch lagen.
Alles zusammen soll nun aber natürlich auch einen sicheren Platz bekommen. Buch und Karten erhält deshalb Gardelegens Diplomarchivar Heiko Bierstedt zur Aufbewahrung im Stadtarchiv. Und dass der "jede Menge Spaß an dem Buch haben wird", davon ist der Bürgermeister überzeugt.