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Kreissynode beschäftigte sich mit dem Thema Sanierung, Erhalt und Nutzung der Gotteshäuser "Die Liebe zu Kirchen versetzt Berge"

Von Gesine Biermann 27.04.2015, 03:34

Kirchen heute: Jahrhunderte alte Bausubstanz, aber moderne Anforderungen an deren Nutzung, wie lässt sich das - auch hinsichtlich des Denkmalschutzes - vereinbaren? Dieser Frage widmete sich am Sonnabend die Synode des Kirchenkreises Salzwedel im Johanniterhaus Rieseberg in Gardelegen.

Gardelegen l Ein Zahlenbeispiel zeigt die Problematik mehr als deutlich - Bettina Seyderhelm, Fachreferentin der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands (EKMD), hatte es am Sonnabend mitgebracht. Es vergleicht die Situation in der EKMD mit der des Katholischen Bistums in Essen. Beide haben rund 840000 Gemeindeglieder. Während die sich in Essen aber nur in 198 Kirchen zu den Gottesdiensten treffen, kommen die evangelischen Christen in Mitteldeutschland in 4031 Gotteshäusern zusammen. 95 Prozent davon stehen auch unter Denkmalschutz. "Es erfordert viel Kompetenz, vor allem seitens der Denkmalfachleute, die Erfordernisse mit einer zeitgemäßen Nutzungsmöglichkeit in Einklang zu bringen", so Seyderhelm. Das aber sei notwendig, "wenn wir die Kirchen in dieser Zahl behalten wollen!" Staatliche und kirchliche Stellen sollten deshalb im Auge haben, dass die Kirchen nur durch das Engagement der Menschen erhalten werden können. Denn es sei oft nur die besondere Beziehung vor Ort, "die Liebe der Menschen zu ihren Kirchen", die so manchen Berg versetze. "Und wir dürfen diese Liebe keineswegs enttäuschen!"

"Es gibt schon Gemeinden, die regelmäßig prüfen und schauen."

Rainer Wellkisch, Baureferent des Kirchenkreises Salzwedel

An welcher Stelle genau sich diese Berge auftürmen, machte schließlich Rainer Wellkisch, Kirchenbaureferent des Kreiskirchenamtes Salzwedel, deutlich. Die größte Problematik zeige sich seiner Erfahrung nach in den unterschiedlichen Auffassungen der Kirchengemeinden als Bauherren zum einen und den Fachleuten der Denkmalpflege zum anderen. Denn die Auflagen der Denkmalschützer stellten die Gemeinden oft vor - zumeist finanzielle - Probleme. Hier sei dann die Vermittlung der Baureferenten gefordert, so Wellkisch. Um eine wirtschaftliche Nutzung zu erreichen, müsse Denkmalschutz nämlich einfach bezahlbar bleiben, mahnte er. Aber auch in Richtung der Gemeinden gab es einen deutlichen Hinweis: Oft sei nämlich die nötige Bauunterhaltung vernachlässigt worden. "Es gibt schon Gemeinden, die regelmäßig prüfen und schauen", so Wellkisch. Andere hätten dies aber jahrelang versäumt.

Eine Bitte, mit der sich auch Gebietsreferent Falko Grubitzsch vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt eindringlich an die Anwesenden wandte: "Rechtzeitig erkannte Schäden lassen sich fast immer preiswert beheben", versicherte er. Zu spät erkannt, sei dann dagegen meist schon "die große Katastrophe" da.

Um zum Beispiel Feuchtigkeitsschäden, einem häufigen Problem in Kirchen, vorzubeugen, hatte Grubitzsch deshalb auch ganz praktische Tipps mitgebracht. So regte er an, zu nahe Bäume, Koniferen oder Buschwerk rund um die Bauten zu entfernen oder bei Dachsanierungen zum Beispiel einen entsprechend großen Überstand einzuplanen.

"Wenn Sie selbst Hand anlegen, sollten Sie die Substanz schonen!"

Falko Grubitzsch, Gebietsreferent im Landesamt für Denkmalpflege

Und auch ein anderes Problem sprach Grubitzsch an: Das große Engagement von Gemeindegliedern für ihre Kirchen könne nämlich auch durchaus Schaden anrichten: "Auch gut gemeinte Reparaturarbeiten" führten dann zuweilen dazu, dass wertvolle Grundsubstanz vernichtet würde. Grubitzsch erzählte den Synodalen dazu auch eine kleine Geschichte: In jüngster Vergangenheit sei er bei einem Besuch in einer altmärkischen Dorfkirche auf zwei "sehr eifrige Herren" gestoßen, die gerade mit Malerarbeiten im Innenbereich beschäftigt waren. "Sie sprachen dann auch davon, dass sie noch einige hässliche Putzreste beseitigen wollten", so Grubitzsch. Die seien allerdings mittelalterlichen Ursprungs gewesen.

Die Herren vor Ort hätten sich schließlich zum Glück verständnisvoll gezeigt. Sein Appell deshalb noch einmal an die Anwesenden: "Wenn Sie selbst Hand anlegen, sollten sie darauf achten, dass sie die Substanz schonen!"

In der anschließenden Diskussion musste sich Grubitzsch indes auch zahlreichen kritischen Fragen und Anmerkungen stellen (siehe Infokasten). Denn so mancher Pfarrer oder Kirchenältester sieht sich offenbar auch im Kirchenkreis Salzwedel mit dem Erhalt seines Gotteshauses überfordert, betrachtet die Auflagen des Denkmalschutzes zuweilen als unerfüllbar.

Einen Vorschlag zur besseren Verständigung gab es dazu von Pfarrerin Johanna Brilling aus Lindstedt: "Wir erfinden das Rad immer wieder neu. Der eine möchte etwas, was der andere ja vielleicht schon erfolgreich geschafft hat. Wir sollten Leute finden, die den Überblick haben und uns gegenseitig besuchen", regte sie an.