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Altmerslebener Landwirt verliert großen Teil seiner Herde / Hundehalter entschuldigte sich Streunender Hund tötet 28 Mutterschafe

Von Gesine Biermann 03.03.2012, 05:23

Ein Hund hat im Kalbenser Ortsteil Bühne ein regelrechtes Blutbad in einer Schafherde angerichtet. 28 tragende Mutterschafe aus dem Besitz des Altmerslebeners Ralf Schulze sind tot, 15 Tiere sind schwerverletzt, weitere noch verschwunden.

Altmersleben l "Heute geht es schon, aber die Bilder werde ich wohl nicht mehr los", sagt Ralf Schulze. Der Schock sitzt immer noch tief. Am Mittwoch verlor der Landwirt einen großen Teil seiner Schafe. Ein streunender Hund hatte die Tiere angegriffen. Einige von ihnen hatte er totgebissen, andere erstickten oder ertranken in einem Graben bei Bühne.

Den Anruf, der ihn am Mittwochnachmittag erreichte, wird er wohl nie vergessen. "Jemand hat mir gesagt, dass meine Schafe in Bühne an der Kieskuhle frei herumlaufen", erzählt Schulze gestern im Gespräch mit der Volksstimme. So was, so versichert der Landwirt, komme zwar schon mal vor. "Aber irgendetwas passte nicht." Denn die Weide, auf der seine 160 Mutterschafe derzeit stehen, sei "erheblich weiter weg von der Kieskuhle."

Mit einem unguten Gefühl fährt der Altmerslebener deshalb schon los. Die besagten Schafe findet er auch schnell, treibt sie mit seinem Hütehund zunächst auf eine angrenzende Wiese. "Als sie meinen Hund gesehen haben - und sie kennen ihn schließlich - haben sie allerdings völlig panisch reagiert", erzählt Schulze. "Und da habe ich schon geahnt, dass da etwas nicht stimmen kann." Der Verdacht wird kurze Zeit später zur furchtbaren Gewissheit. Denn auf der eigentlichen Schafweide findet er kurz darauf nur ein einziges Tier. "Das lag mitten auf der Wiese und war tot."

"Totgetrampelt oder ertrunken, ich weiß es nicht"

In einem nahen Graben liegen sechs weitere Tiere. "Totgetrampelt oder ertrunken, ich weiß es nicht". Der Zaun ist vollkommen zertrampelt, weit auf den angrenzenden Acker gezogen. Alle anderen Schafe sind verschwunden.

Der Anruf eines Bühners hilft ihm schließlich weiter. Er führt ihn zu einem Grundstück, rund zwei Kilometer von der Weide entfernt. Doch was er dort findet, "davon träume ich wohl noch öfter", sagt Ralf Schulze. Denn an der bezeichneten Stelle liegen unzählige der Tiere ebenfalls in einem Graben, der rund zehn Meter lang und etwa 1,50 Meter tief ist "übereinander, völlig verknäult. Die, die unteren lagen, waren alle schon tot. Und wenn ich später gekommen wäre, wären wohl noch mehr gestorben."

Nachdem er zahlreichen der Tiere wieder auf die Beine geholfen hat, hört er schließlich Hundegebell in der Nähe. "Da bin ich automatisch in die Richtung gegangen, aus der das kam", erinnert er sich. Und tatsächlich findet er zwei Hunde, "einer davon, ein ziemlich großer, war vollkommen blutverschmiert. Da kriegt man richtig Angst."

Ihn allerdings greift der Hund nicht an. Im Gegenteil, "ich habe ihn angeschrien und er war sofort ruhig", erinnert sich der Altmerslebener. Das Tier reagiert sogar auf seinen Bei-Fuß-Befehl. "Sofort saß der neben mir." Und auch als er ihn ruft, folgt ihm der Hund artig, lässt sich von einem Bühner, der das Geschehen mitverfolgt hatte, entgegennehmen.

Und Schulze hat schließlich "Glück im Unglück." Denn der Bühner kennt den Eigentümer, der zwar nicht in Bühne, aber "in der Region wohnt". Und der Halter meldet sich auch noch am selben Tag bei ihm. Noch während sich der Landwirt um den Abtransport der toten und verletzten Tiere kümmert, "hat er mir einen Zettel mit seiner Telefonnummer unter den Scheibenwischer am Auto gesteckt", erzählt Schulze. Auch entschuldigt habe sich der Mann. Am Donnerstag schließlich bekommt der Altmerslebener einen Anruf der Versicherung des Hundehalters. Denn "glücklicherweise hat er eine Haftpflichtversicherung für seinen Hund abgeschlossen." Und so wird Ralf Schulze wohl nicht auf dem materiellen Schaden sitzenbleiben.

"Der Hund muss völlig im Blutrausch gewesen sein"

Der allerdings ist derzeit noch nicht abzuschätzen. "Der Hund der völlig im Blutrausch gewesen sein muss", hat schließlich nicht nur etliche Tiere totgebissen oder zu Tode gehetzt, viele weitere sind auch erheblich verletzt. Schulzes Tierärztin muss in der Nacht zum Donnerstag eine Sonderschicht einlegen. "Von abends um acht bis nachts um zwei Uhr haben wir operiert und Wunden genäht." Bei manchem der Tiere ist die "halbe Keule abgefressen". Die Veterinärin muss sich jedes Tiere vorher anschauen und einschätzen, wo sich der Aufwand noch lohnt und welches Schafe besser getötet werden sollte, um ihm große Schmerzen zu ersparen. "Bei einigen wissen wir noch nicht, ob sie es schaffen."

Doch das ist noch nicht das ganze Problem. Denn "dazu kommt noch, dass viele in den kommenden Wochen lammen sollen", sagt Schulze. Ob und wie sich der Stress auf die tragenden Muttertiere ausgewirkt hat, "kann man noch nicht abschätzen". Und selbst das ist noch nicht alles. "Mir fehlen immer noch rund 25 Tiere", sagt Schulze. "Die könnten irgendwo tot herumliegen. Einen Anruf von einem Bühner, der ein totes Schaf auf seinem Grundstück gefunden hat, hatte ich bereits. Sie könnten aber auch noch irgendwo herumlaufen."

Und so wird sich das ganze Ausmaß der Tragödie wohl erst in den kommenden Wochen zeigen.

Wütend auf den Hundehalter ist Ralf Schulze dennoch nicht. "Er kann ja nichts dafür", sagt er. "So was passiert eben. Auch meine Hunde waren schon mal im Hühnerhof. Da kommt einfach der Jagdinstinkt durch."

Zudem habe sich der Mann selbst bei ihm gemeldet. Und das sei keinesfalls selbstverständlich. "Ich kenne Berufskollegen, die sind nach so einem Vorfall auf ihrem gesamten Schaden sitzengeblieben." Deshalb appelliere er immer wieder an Hundehalter, ihre Tiere zu versichern und sich in solch einem Fall zu melden, "auch wenn nur ein Zaun kaputtgegangen ist. Nicht immer ist nämlich der Schäfer schuld, wenn seine Tiere ausbrechen."