Leiter der Arbeitsgemeinschaft Rot- und Damwild rechnet mit Ansiedlung von Rudeln in der Colbitz-Letzlinger Heide Pieper: "Wir stehen dem Wolf positiv gegenüber"
Bei Verkehrsunfällen spielt Rotwild bisher eine untergeordnete Rolle. Doch die Zahl der Tiere in der Colbitz-Letzlinger Heide steigt stetig, mit Folgen für Land- und Forstwirtschaft. In der kommenden Jagdsaison sollen erneut mehr Tiere erlegt werden.
Letzlingen l Durchaus unterschiedliche Sichtweisen prallten bei der Jahreshauptversammlung der "Arbeitsgemeinschaft (AG) Rot- und Damwild Colbitz-Letzlinger Heide" am Sonnabend im Letzlinger Kulturhaus aufeinander. Zum einen war da Günter Knüppel, der Leiter des Bundesforstbetriebes, der ganz deutlich von der "Hoffnung Wolf" sprach, die womöglich helfen könnte, den Rotwildbestand zu reduzieren. Der Leiter der AG, Ralf Pieper, betonte indes: "Wir als Jäger sind gefordert, auch wenn wir dem Wolf grundsätzlich positiv gegenüberstehen." Die Colbitz-Letzlinger Heide sei Wolferwartungsgebiet und "früher oder später wird sich das eine oder andere Rudel ansiedeln". Aber das hätte auch Folgen für die jagdlichen Gegebenheiten, denn das Wild werde sein Verhalten dem Wolf anpassen. Für Jäger könnte es dann schwieriger werden, Rotwild bei Tageslicht zu erlegen, weil es vermehrt in der Dunkelheit aktiv sein wird. Und da darf Rotwild nicht gejagt werden.
Auch Ulrich Mette, Referent für Jagdhoheit im Landesverwaltungsamt, warnte davor, die Hoffnungen auf den Wolf zu setzen: "Wir befinden uns als Jäger mit dem Rücken an der Wand." Es gebe Wildarten, die nicht mehr unter Kontrolle zu kriegen seien, etwa der Mink oder der Waschbär. Bei Rot-, Dam- und Rehwild habe er bisweilen den Eindruck, "dass wir das gar nicht in den Griff bekommen wollen", kritisierte Mette scharf.
72 000 Hektar Jagdfläche bewirtschafteten die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft, darunter zahlreiche Hegegemeinschaften und forstwirtschaftliche Betriebe. Ziel der 1998 gegründeten AG ist es, das Rot- und Damwild großräumig und nach einheitlichen Maßstäben zu bewirtschaften. Nach Ansicht Mettes müssten die Streckenergebnisse deutlich höher ausfallen, um den Bestand zu reduzieren. Die weiblichen Alttiere seien die Zuwachsträger und da müsse gehandelt werden, betonte der Referent. Wurden 1995/96 noch 230 Stück Rotwild im Bereich der AG erlegt, waren es in der vergangenen Saison 651, nur 16 weniger als geplant, wie AG-Leiter Ralf Pieper betonte. Er war mit diesem Ergebnis durchaus zufrieden.
Er schätzte den Rotwild-Bestand im Gebiet zurzeit als "leicht überhöht" ein. Ziel seien zwei Tiere je 100 Hektar, aktuell gehe er von drei Tieren pro 100 Hektar aus. Hauptproblem beim Rotwild sei, dass es sich ganz unterschiedlich verteile. In Rudeln von bis zu 70 Tieren seien die Schäden, die in der Land- und Forstwirtschaft auftreten, durchaus gravierend. "Aber wir haben auch Abschnitte, da sehen wir monatelang kein Rotwild." Das Auftreten von großen Rudeln verblende, wenn es darum gehe, einen Überblick über den tatsächlichen Bestand zu haben. Um diesen zu kontrollieren und zu reduzieren, plant die AG für die kommende Jagdsaison 700 Stück Rotwild als Strecke.
Deutlich geringer fallen die Zahlen beim Damwild aus: 80 Tiere wurden erlegt, 86 sind für die Strecke 2012/2013 geplant. "Wenn eine Wildart dominant ist, entwickelt sich die andere nicht so sehr", erläuterte Pieper die gravierenden Unterschiede.
Schwieriger sei die Bejagung des Rotwildes durch den großflächigen Maisanbau geworden. "Die Tiere haben hervorragende Äsungsverhältnisse und für die Jäger wird es immer komplizierter," so Pieper. Ein Mittel seien Bejagungsschneisen auf den Äckern, "damit der Jäger überhaupt eine Chance hat".