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Immer weniger Einsätzkräfte müssen immer mehr Aufgaben übernehmen Feuerwehrleute stehen am Rande ihrer Belastbarkeit

28.01.2011, 04:28

Fast jeden Tag mussten die Genthiner Ortsfeuerwehren im vergangenen Jahr ausrücken. Insgesamt wurden die Wehren zu 360 Einsätzen gerufen, darunter die kräftezehrende Waldbrandserie im Sommer und die vielen Kellerbrände in der Stadt.

Genthin (asm/mla). Mehr als 180 Frauen und Männer sind in den acht Genthiner Ortsfeuerwehren aktiv, um bei Notfällen aller Art schnelle und professionelle Hilfe zu leisten. 360 Einsätze hatten die Feuerwehrleute 2010 zu absolvieren. Zwölf Menschen wurden bei Bränden, Verkehrsunfällen und aus anderen Notlagen gerettet. Allein in 18 Fällen musste unter schweren Atemschutz gearbeitet werden. Vor allem die kräftezehrende Waldbrandserie im Sommer und immer wieder die Kellerbrände in der Kernstadt prägen die Einsatzstatistik 2010. "360 Alarmierungen sind deutlich mehr gegenüber dem Vorjahr", sagte Stadtwehrleiter Achim Schmechtig.

Zwischen vier und 172 Einsätze sind die einzelnen Ortsfeuerwehren in den vergangenen zwölf Monaten gefahren. Die meisten Hilfeleistungen decken die Ortsfeuerwehren Genthin, Altenplathow, Mützel, Parchen und Tucheim ab. "Die Sttistik vermittelt aber nur einen Ausschnitt der Fülle an Anforderungen und Ansprüche an die ehrenamtliche Tätigkeit der Feuerwehrangehörigen", setzte Achim Schmechtig hinzu. Es werde immer schwieriger, tagsüber genügend Einsatzkräfte zur Verfügung zu haben.

80 Kameraden bei Waldbrand im Einsatz

Viele Feuerwehrleute arbeiten außerhalb. Die Einsätze müssen mit immer weniger Kameraden bestritten werden. "Das hat zur Folge, dass die Belastungen für die im Einsatz befindlichen Kräfte größer wird oder anders gesagt: Ein Kamerad muss für drei arbeiten", machte der Stadtwehrleiter klar. Diese fatale Entwicklung sei aber kein Genthiner Phänomen, sondern bundesweit zu beobachten. Viele Feuerwehrleute in den Ortsfeuerwehren der Stadt Genthin arbeiteten im letzten Jahr mehrmals hart an der Grenze ihrer physischen und psychischen Belastbarkeit. Dabei erfüllten die Männer und Frauen einen wichtigen Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge und Gefahrenabwehr.

Die 13 Kellerbrände sorgten dafür, dass sich die Zahl der Einsätze unter schweren Atemschutz seit 2005 stetig erhöht. Schwerer Atemschutz heißt, mit einem etwa 14 Kilogramm schweren Pressluftatmer auf dem Rücken in eine für den Menschen gefährliche, sogar tödliche Atmosphäre vorzudringen und bei Nullsicht und Temperaturen von mehr als 300 Grad die Flammen zu löschen. "Dabei besteht trotz Schutzausrüstung immer das nicht völlig auszuschließende Risiko für schwere Verletzungen der Kameraden", gab Achim Schmechtig zu bedenken. Seit 2005 seien bundesweit elf freiwillige Feuerwehrleute bei Brandeinsätzen unter Atemschutz auf tragische Weise ums Leben gekommen, über 90 Kameraden hätten teils schwere Verletzungen erlitten.

Im Juni und Julie haben mehrere größere Waldbrände im Raum Mützel und Fienerode die Einsatzkräfte in Atem gehalten. Teilweise sind bis zu 80 Feuerwehrleute aus über zehn Wehren im Einsatz gewesen. Bei diesen und anderen Ereignissen habe es neben dem gemeinsamen Einsatz aller acht Ortsfeuerwehren der Stadt stets eine sehr gute Zusammenarbeit mit den Feuerwehren aus Brettin, Jerichow, Kade, Nielebock, Schlagenthin und andere gegeben, lobte der Stadtwehrleiter.

Solche komplexen Einsätze seien auch ein Beleg der Kameradschaft und gegenseitigen Unterstützung der Feuerwehren.

Die Genthiner Ortswehren sind ebenfalls mehrfach zur Unterstützung anderer Feuerwehren im Umland im Einsatz gewesen, beispielsweise bei einem Stallbrand in Karow.

Verständnis der Familien ist das A & O

Technischen Umweltschutz erfüllt die Feuerwehr bei der Beseitigung von Ölspuren. Die Hilfeleistungen der Kameraden reichen von Türöffnungen bei hilflosen Personen bis zur Beseitigung von Verkehrshindernissen. "Die richtige Vorgehensweise, ein guter Ausbil- dungsstand, gepaart mit modernster Technik sind für die Kameraden wichtige Grundlagen für ihr Handeln bei den Einsätzen aller Art", sagte Achim Schmechtig.

In allen Ortswehren finden regelmäßig Aus- und Fortbildung statt. Darüber hinaus wurden gemeinsame Ausbildungen aller Ortsfeuerwehren veranstaltet. "Wie wichtig eine gemeinsame Ausbildung ist, zeigte sich beim großen Waldbrand am 12. Juli bei Hüttermühle, bei dem bis auf Dretzel alle Ortsfeuerwehren der Stadt Genthin stundenlang im Einsatz waren", betonte Stadtwehrleiter Schmechtig.

An der Brandschutz- und Katastrophenschutzschule Heyrothsberge absolvierten 2010 mehr als 40 Kameraden verschiedene Lehrgänge, unter anderem als Gruppenführer oder technische Lehrgänge.

Im Rahmen der Kreisausbildung im feuerwehrtechnischen Zentrum des Landkreises schlossen 55 Feuerwehrleute erfolgreich ihre Ausbildung zum Truppführer, Atemschutzgeräteträger, Maschinist für Löschfahrzeuge oder für die technische Hilfeleistung ab.

Nicht zuletzt sind die Öffentlichkeitsarbeit und Brandschutzerziehung wichtige Aufgaben. Dazu gehören Vorführungen mit der Einsatztechnik bei Besuchen von Schulklassen und Kita-Gruppen in den Ortsfeuerwehren. Im Rahmen des Kartoffelfestes präsentierte sich die Feuerwehr erstmalig mit einem Infostand.

Auch über die Stadtgrenzen hinaus ist die Genthiner Feuerwehr ein verlässlicher Partner. Die Ortsfeuerwehren Genthin, Mützel, Parchen, Gladau und Paplitz sind mit insgesamt rund 25 Kameraden in Einheiten der Kreisfeuerwehrbereitschaft integriert. Mehrere Feuerwehrleute bekleiden Führungs- und Sonderfunktionen im Brandschutzwesen des Landkreises, beispielsweise als Kreisausbilder oder in der Führung der Feuerwehrbereitschaft.

"Ohne das schier grenzenlose Verständnis und die Unterstützung ihrer Familienangehörigen, Partner und Kinder wäre das ehrenamtliche Engagement der Feuerwehrleute undenkbar", sagte Achim Schmechtig. Das gelte ebenso für das Entgegenkommen einer Reihe von Arbeitgebern bei Freistellungen der Kameraden bei Einsätzen und Fortbildungen.