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Nationalparkbeiratsmitglied Ulrich Kasten sieht problematische Rechtslage Wanderer müssen weiter die Brockenstraße nutzen - andere Lösung ist kompliziert

Von Regina Urbat 16.05.2013, 03:18

Wernigerode. Wanderer müssen auf dem letzten Kilometer zum Harzgipfel nach wie vor die Brockenstraße benutzen. Eine Lösung für mehr Sicherheit der Fußgänger erweist sich als ein komplizierter Fall.

Einstimmig hat der Nationalparkbeirat das Gutachten für den Bau eines neuen, rund 1,2 Kilometer langen Wanderweges parallel zum oberen Abschnitt der Brockenstraße abgelehnt. Aus Kosten- und Naturschutzgründen.

Bislang sei völlig unklar, wer die Baukosten von etwa 500 000 Euro sowie die Folgekosten für die Unterhaltung des Weges tragen soll. Außerdem müsste bei der Verbreiterung des Straßenrandes um mindestens drei Meter in die Kernzone des Nationalparks eingegriffen werden, "was wir aus Schutzgründen klar ablehnen", erklärt der Beiratschef Werner Grübmeyer.

Ulrich Kasten (Linke), der für den BUND und den Landschaftspflegeverband im Beirat sitzt, habe sich "die Ablehnung nicht leicht gemacht", sagt er gegenüber der Volksstimme. Sicher sei er für mehr Sicherheit der Fußgänger und befürwortet deshalb die Trennung von Wanderern und den anderen Verkehrsteilnehmern auf der Brockenstraße. Nach seiner Recherche sei eine Lösung zufinden, jedoch "äußerst kompliziert", und das Problem an sich die Straße selbst.

Sie führt von Schierke bis zum Harzgipfel durch den Nationalpark und ist eine öffentliche Kreisstraße mit eingeschränkter Nutzung (frei für Lieferverkehr und Anlieger). Dieser Widmung wird sie aber auf den letzten, knapp 1200 Metern oftmals nicht gerecht. Lieferverkehr, Anliegerfahrzeuge, Radfahrer und Kutschen müssen sich die Fahrbahn mit all den Wanderern teilen, die durch das Eckerloch und auf dem Goetheweg den höchsten Berg in Norddeutschland erklimmen wollen. "Keine dieser Gruppen hat bislang eine andere Alternative", sagt Ulrich Kasten.

Die größte Gefahr, verletzt zu werden, besteht für die Wanderer, fügt er hinzu. Doch ihnen den Vorrang auf der Fahrbahn zu geben, lässt der Gesetzgeber nicht zu. "Eine Straße ist eine Straße", sagt Kasten, der keinen vergleichbar komplizierten Fall in Sachsen-Anhalt kennt. Eine Umwidmung, beispielsweise in eine Spiel- oder Forststraße, sei rechtlich nicht möglich.

Außerdem wurde der 4,2 Millionen Euro teure Ausbau der knapp zehn Kilometer langen Brockenstraße vom Land gefördert. Diese Förderung hat die Harzkreisverwaltung als Träger für die Sanierung der Kreisstraße bekommen, die als solche nun 15 Jahre Bestand haben muss. "Ansonsten zahlt der Kreis das viele Fördergeld zurück", erläutert Kasten.

Als Zwischenlösung sieht der Halberstädter eine bessere Regelung des Lieferverkehrs und die Einsicht von Radfahrern, sich rücksichtsvoll zu verhalten und die Höchstgeschwindigkeit 30 km/h einzuhalten. "Ich glaube nicht, dass Extra-Schilder helfen", sagt Kasten und erinnert an Hinweistafeln am Goethe-Wanderweg mit der Aufschrift "Radfahrer bitte absteigen". Sie waren ein so begehrtes Souvenir, dass schnell davon Abstand genommen wurde. Da aus seiner Sicht die Lösung juristisch so verzwickt sei, sollte sich die Hochschule Harz mit dem Problem beschäftigen. Kasten: "Vielleicht ist es für einen Studenten ein dankbares Thema für seine Abschlussarbeit."

Landrat über Sichtweise des Nationalparkbeirats enttäuscht

Gegen eine wissenschaftliche Untersuchung hätte auch die Kreisverwaltung nichts. Im Gegenteil. Sie hatte im Vorjahr die Machbarkeitsstudie für einen Wanderweg parallel zur Brockenstraße in Auftrag gegeben. Zuvor besichtigten am 5. Juli 2012 Vertreter des Verkehrsministeriums, der Nationalparkverwaltung und Kreisbehörde die Situation auf dem oberen Brockenstraßen-Abschnitt, wo wegen der Mehrfachnutzung ein Gefahrenpotenzial besteht.

"Aus unserer Sicht war und ist die Studie ein gutes Konzept für eine weitere Diskussion", informiert Landrat Michael Ermrich (CDU) auf Volksstimme-Nachfrage. Er sei enttäuscht, dass der Nationalparkbeirat "dies offensichtlich nicht so sieht." Da er an der Sitzung nicht teilnehmen konnte, werde nach Auswertung des Protokolls entschieden, wie weiter verfahren wird. Übrigens, die Studie hat laut Ermrich 6500 Euro gekostet und ist von der Kreisbehörde bezahlt worden.