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Braunlages Tourismuschef weist Vorwürfe zurück - Wernigeröder setzen bei Winterberg-Projekt auf Zweigleisigkeit Kritik der Umweltverbände: Bagger fressen sich in den Wurmberg

Von Tom Koch 30.07.2013, 01:14

Braunlage/Schierke l Die Harzer Tourismusindustrie setzt große Hoffnungen auf Projekte in Braunlage und Schierke. Millionenschwere Investitionen - auch in den Wintersport - sollen Urlauber locken und animieren, länger in der Region zu bleiben. Doch Umweltverbände im Harz warnen vor dauerhaften Schäden.

Aktuell ist eine solche Reaktion des Wernigeröders Christian Reinboth im "ScienceBlogs.de" zu lesen, verbreitet von Friedhart Knolle für die Arbeitsgemeinschaft der Goslarer Umweltverbände. Reinboth, der für die CDU Mitglied im städtischen Wirtschaftsausschuss ist, veröffentlicht in seinem Eintrag Fotos des Westharzer BUND, die Bauarbeiten des sogenannten Speicherbeckens am Wurmberg zur Kunstschneeproduktion zeigen. Reinboth hatte bereits vor einem Jahr gemeinsam mit dem Goslarer Geologen Friedhart Knolle und der Hydrologie-Professorin Carmen de Jong vor schwerwiegenden ökologischen und damit auch ökonomischen Folgen der Wintersportprojekte auf dem Wurm- und dem benachbarten Winterberg bei Schierke gewarnt. Der Wernigeröder: "Mir wurde versichert, Schäden für die Umwelt wie sie aus den Alpen dokumentiert sind, sind bei dem viel kleiner dimensionierten und unter großer Rücksichtnahme auf die Umwelt geplanten Wurmberg-Projekt keinesfalls zu erwarten." Die aktuellen Bilder sprächen jedoch eine deutlich andere Sprache, schätzt Reinboth ein.

Es sei "ein Trauerspiel, dabei zusehen zu müssen, wie ein ehemaliges Landschaftsschutzgebiet und eine beliebte Wandergegend nach und nach zerstört werden - und das auch noch auf Kosten des Steuerzahlers", beklagt der Kritiker des Wurmberg-Projektes.

Braunlages Tourismuschef Christian Klamt mag sich zu solchen Vorwürfen eigentlich nicht mehr äußern. Der Volksstimme sagte er, "das Thema ist doch durch". Alle Planungen seien genehmigt, dazu gehörten Ausgleichsprojekte im Sinne des Naturschutzes. Klamt: "Da versuchen die Umweltverbände, noch einmal Stimmung zu machen, aber das Projekt werden sie nicht verhindern."

Wie die Wurmbergseilbahn-Gesellschaft, als Hauptinvestor für das acht Millionen Euro teure Vorhaben auf Niedersachsens höchstem Berg, im Internet informiert, würden rund eine Million Euro zum Ausgleich in den Natur- und Landschaftsschutz aufgewendet. Im Detail heißt es, dafür würden 16,5Hektar Wald aufgeforstet, auf 13,4Hektar solle es sogenannte Waldverbesserungen geben, zusätzlich sollen 211Großbäume gepflanzt, Bergwiesen und Moore angelegt werden. Der aktuelle Bau auf dem Wurmberg ist ein Reservoir für die Beschneiungsanlage. Allerdings wird dieses von den Investoren als Bergsee bezeichnet, der im Sommer die Grundlage für eine "Wassererlebniswelt für Kinder" sei.

Nur wenige Schwünge der Skifahrer vom Wurmberg entfernt, wollen die Wernigeröder ihre Abfahrtspiste am Winterberg anlegen lassen. Von Anfang an wird auch dieses Tourismusprojekt von den Umwelt- und Naturschützern mit allergrößter Skepsis verfolgt.

Wie Wernigerodes Baudezernent Burkhard Rudo gestern betonte, arbeiteten zwei Büros an dem Konzept zur Winterbergnutzung. Eines mit touristischem Schwerpunkt, das andere als ökologisches Fachbüro. Rudo: "Das läuft parallel, beide sind gleichberechtigt und arbeiten Hand in Hand, von Anfang an haben wir dabei auf diese Zweigleisigkeit gesetzt."

Obwohl das Abschlussgutachten noch nicht fertiggestellt sei, weiß der Wernigeröder Bauexperte von einer für ihn wichtigen Aussage: "Wir erwarten für unsere touristischen Planungen keine unüberwindbaren Widersprüche aus der Sicht der Ökologie."

ScienceBlogs: Ein Internetportal, auf dem Forscher schreiben, was sie bewegt; Journalisten veröffentlichen unredigiert. "Das ist die Basis für einen neuen Dialog aus erster Hand über die Rolle der Wissenschaft in Politik, Religion, Philosophie, Kunst und Wirtschaft", so die eigene Darstellung.