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Ehemaliger Domkantor Halberstadts wird heute 70 / Prägende Jahre im Thomanerchor / Halberstädter engagiert sich ehrenamtlich für Chormusik und Chorsinfonik Klaus-Jürgen Teutschbein gibt mit seiner Begeisterung Feuer der Musik weiter

Von Christopher Hausmann 24.03.2014, 01:31

Halberstadt/Weimar l Mit Klaus-Jürgen Teutschbein feiert ein bedeutender Dirigent, Chorleiter und Kirchenmusiker heute seinen 70. Geburtstag. Seit 1980 wirkt und wohnt er in Halberstadt, zunächst als Kantor und Organist am Dom, dann als Kirchenmusikdirektor und Leiter des Kirchenmusikalischen Seminars, das 2013 sein 60-jähriges Bestehen feiern konnte. Unter seiner Leitung standen auch die Domkantorei und der Michael-Praetorius-Chor.

1996 zum Professor für Chorleitung an der Musikhochschule "Franz Liszt" in Weimar berufen, blieb Teutschbein mit seiner Familie dennoch in Halberstadt wohnen, aus tiefer Verbundenheit mit der Stadt, die ihn 1991 mit ihrem Kulturpreis auszeichnete. Auch die Klassikerstadt Weimar verlieh ihm 2008 ihren Kulturpreis. Beide Städte würdigten ihn damit als bedeutenden Vermittler der Chor- und Kirchenmusik, insbesondere des Erbes von Johann Sebastian Bach.

Geprägt wurde Klaus-Jürgen Teutschbein, der am 24. März 1944 im Harz geboren wurde, durch die Zeit im Thomanerchor in Leipzig 1955 bis 1962. Mit Günter Ramin, Kurt Thomas und Erhard Mauersberger konnte er gleich drei Thomaskantoren erleben. Der heute weitgehend vergessene Kurt Thomas (Thomaskantor 1957-1961) hat Teutschbein durch seine Systematik und Ausstrahlung besonders beeindruckt. Hohe Disziplin und Verpflichtung gegenüber der musikalischen Tradition standen in den Leipziger Jahren im Mittelpunkt.

Nach dem Kirchenmusikstudium in Dresden und Halle trat Teutschbein 1968 dem Leipziger Rundfunkchor bei, dem wohl besten Berufschor in der DDR. Hier war es der Chorleiter und Dirigent Herbert Kegel, der Teutschbein die entscheidende Prägung gab: Kegel war in seinen musikalischen und textlichen Ansprüchen an höchster Perfektion und Werktreue orientiert. Teutschbein betont bis heute, wie sehr er sich die "Unerbittlichkeit" der Anforderungen Kegels zum Vorbild nahm. Der Rundfunkchor produzierte an der Seite internationaler Größen der damaligen Zeit, unter anderem mit Kurt Masur, Wolfgang Sawallisch, Herbert von Karajan oder Carlos Kleiber, Peter Schreier und Dietrich Fischer-Dieskau, den Teutschbein bis heute bewundert. In dieser Zeit leitete er auch seinen ersten eigenen Chor, den Favorit- und Cappellchor Leipzig.

Mit 36 Jahren wechselte Teutschbein 1980 aus dem großen mitteldeutschen Musikzentrum Leipzig in seine Geburtsregion, den Harz, zurück. Dieser scheinbare "Rückschritt" erklärt sich aus Teutschbeins Bedürfnis, nach langen Jahren der Ausbildung und Mitwirkung endlich in einer Leitungsposition eigene Akzente setzen zu können. In Halberstadt standen ihm dazu gute Bedingungen zur Verfügung. Im Zusammenwirken mit Sinfonieorchestern aus Berlin, Halle, Dessau und Michaelstein entfaltete Teutschbein ein reichhaltiges, gleichermaßen traditionsbewusstes wie modernes Repertoire. Halberstadt wurde zum Ort großer musikalischer Ereignisse und Erlebnisse, an dem sich Ost und West trafen. 1996 ereilte ihn dann, wie er es heute ausdrückt, der "Lockruf des Lebens", die Berufung nach Weimar. Hier konnte Teutschbein seine Arbeit mit jungen Menschen am Institut für Schul- und Kirchenmusik intensivieren, seinem von Georg Philipp Telemann stammenden Wahlspruch folgend: "Singen ist das Fundament zur Musik in allen Dingen".

Fragt man nach den Charakteristika der Teutschbeinschen Arbeit, so wird immer wieder seine Mischung aus höchsten Qualitätsansprüchen an gesangliche und textliche Darbietung und motivierender, menschlicher und mitfühlender Vermittlung genannt. Er plant im Vorfeld alles aufs Genaueste, schont sich und andere im Dienste der Musik nie, ist aber dabei stets augenzwinkernd und selbstironisch genug, um alle auf seinem Weg mitzunehmen. In den Aufführungen kann er auf schier unglaubliche Art und Weise mitreißen, auch Ungeprobtes spontan ausleben und so die Spannung zu jedem Moment aufrechterhalten. Teutschbein ist damit eine musikalische Führungskraft der besonderen Art.

Zusammen mit seiner Frau Ilke, einer Kirchenmusikerin aus Leipzig, konnte Teutschbein ungeachtet aller widrigen Umstände in der DDR eine eigene kleine "Musikerdynastie" gründen. So ist der ältere Sohn Clemens Oboist in Greifswald, der jüngere Sohn Markus Cellist und Leiter des Knabenchores in Basel. Diese Musikfamilie ist Klaus-Jürgen Teutschbein ein großer Halt und Hort gemeinsamer Lebensauffassung.

Dennoch ist an einen Ruhestand auch nach seinem Ausscheiden in Weimar 2009 noch nicht zu denken. Im nahen Michaelstein und vor allem in Weimar mit dem Johann-Sebastian-Bach-Ensemble arbeitet Teutschbein an seiner großen Leidenschaft weiter, der Chormusik und Chorsinfonik, sehr zur Freude aller, die ihn in den vielen Jahrzehnten seines mitteldeutschen Wirkens als Künstler- und Lehrerpersönlichkeit schätzen gelernt haben.