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Ausbildung von Spezialisten im Katastrophenschutz dauert sehr lange, auch DLRG betroffen Wehrdienst-Aus bereitet viele Sorgen

Von Petra Korn 08.01.2011, 04:22

Quedlinburg/Halberstadt (mz). "Wenn mit der Aussetzung der Wehrpflicht ebenso der Wehrersatzdienst wegfällt, führt das auch zu Problemen bei der Nachwuchsgewinnung bei ausbildungsintensiven Katastrophenschutzeinheiten", sagt Jörg Rittmeister. Er ist der Zugführer der Tauchergruppe bei der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) Halberstadt und damit bei einer jener ausbildungsintensiven Einheiten für die Ausbildung und die Führung im Einsatz verantwortlich.

Tauchen hat viel mit Erfahrung zu tun

Über einen Mangel an Kindern und Jugendlichen, welche zur DLRG kommen, kann diese sich nicht beklagen, erläutert Jörg Rittmeister. "Doch wenn es darum geht, im Katastrophenschutz Jugendliche einzubinden, wird das schwer, weil man hier erst mitarbeiten darf, wenn man 18 ist." Die entsprechende Ausbildung könnte zwar schon vorher absolviert werden, doch seien die jungen Leute dann ausgebildet und 18 Jahre alt, gingen sie oft wegen der Berufsausbildung, eines Studiums oder eines Arbeitsplatzes weg. "Da war der Wehrersatzdienst immer noch ein kleines Pfand, das wir hatten und das uns immer zwei bis drei Leute gebracht hat."

2006 hat Jörg Rittmeister, der zuvor beim Technischen Hilfswerk Taucher ausgebildet hatte, begonnen, die Tauchergruppe bei der DLRG aufzubauen. Seit 2008 ist die zum Wasserrettungszug gehörende Gruppe – die einzige im Landkreis – einsatzbereit. Sie wird zu Hilfe gerufen bei Fällen, in welchen im oder unter Wasser etwas gesucht, repariert oder etwas aus dem Wasser herausgeholt werden muss. Aber: "Tauchen hat viel mit Erfahrung zu tun. Da kann ich nicht eben mal hingucken", verweist Jörg Rittmeister auf die dafür notwendige, lange Ausbildung.

Diese beginnt, indem die Interessenten, die zumeist schon Rettungsschwimmer sind, eine Grundausbildung im Wasserrettungsdienst absolvieren und sich dann in der Tauchergruppe weiter spezialisieren. Das beginnt mit der Ausbildung zum Signalmann, in welcher unter anderem das Wissen vermittelt wird, um einen Taucher sicher zu führen und diesem im Notfall Erste Hilfe leisten zu können. Daran schließen sich dann die Ausbildung zum Bootsführer oder zum Taucher an, bei welcher auch praktische Erfahrungen zunächst in der Schwimmhalle, später im Freigewässer gesammelt werden, ehe dann eine Prüfung zur Qualifizierung zum "Einsatztaucher I" abgelegt werden kann. Diese berechtigt zum Einsatz unter "normalen" Bedingungen, wie beispielsweise bei Tageslicht.

Nach weiterer Ausbildung kann dann die Qualifizierung zum "Einsatztaucher II" erfolgen, die beispielsweise zum Einsatz in großen Tiefen, bei Nacht oder unter Eis berechtigt. "Das ist der Mann, den ich brauche. Und vor zwei Jahren Ausbildung habe ich den nicht", macht Rittmeister deutlich.

Die Werbung wird schwieriger

Bislang war hier für die Tauchergruppe der zuletzt über sechs Jahre laufende Wehrersatzdienst eine Hilfe. Dabei gehen die Wehrersatzdienstleistenden normal ihrer Tätigkeit nach, also der Ausbildung, dem Studium oder der Arbeit im Beruf. "Nebenher" sind mindestens zehn Stunden Ausbildung im Monat zu absolvieren und auch Einsätze zu leisten. "Wir versuchen auch, die Ausbildung immer so attraktiv wie möglich zu halten", verweist Jörg Rittmeister beispielsweise darauf, dass neben dem Einsatztauchen auch das Sporttauchen vermittelt wird. "Aber die Akquise wird schwieriger, wenn sich keiner mehr nach einer Alternative zum Wehrdienst umgucken muss."

Derzeit leisten bei der Tauchergruppe zwei junge Leute ihren Wehrersatzdienst: Einer ist ausgebildeter "Einsatztaucher II", der andere, der jetzt seit einem Jahr dabei ist, hat gerade die Prüfung zum "Einsatztaucher I" absolviert.

Momentan besteht die Tauchergruppe aus fünf Mitgliedern; hinzu kommt ein Jugendlicher, der in der Ausbildung ist. Nicht zuletzt wegen der geringen Stärke müssen die Mitglieder der Tauchergruppe Doppelfunktionen ausführen, das heißt, zum Beispiel sowohl als Taucher als auch als Bootsführer eingesetzt werden können.

Um sich auf Einsatzfälle, zu welchen bisher beispielsweise ein ins Wasser gefallenes Auto gehörte, vorzubereiten, trainieren die Mitglieder der Tauchergruppe, die auch ständig Rettungsschwimmer bleiben müssen, einmal wöchentlich in der Schwimmhalle in Halberstadt; hinzu kommt einmal monatlich ein Gerätetraining und dazu eine Wochenendausbildung pro Monat.

Im Winter geht es dabei um Theorie, Technisches, aber auch die Rettung aus Eis-Gefahren, welche auch mit Feuerwehren gemeinsam geprobt wird; im Sommer finden diese Ausbildungen an Gewässern statt. Zunächst wird die Tauchergruppe mit ihren bisherigen Mitgliedern auskommen müssen. Aber: "Theoretisch müsste jedes Jahr ein neues Mitglied hinzukommen, das die Ausbildung beginnt", sieht Rittmeister das als notwendig an, um zum einen durch Weggang entstehende Ausfälle kompensieren zu können und zum anderen die Gruppe zu stärken: "Je größer die Gruppe ist, desto zuverlässiger im Einsatz ist man auch."