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Beim Seminar im "Bunten Hof" lernen Teilnehmer eine fast vergessene Handwerkstechnik Wenn das Holz mit Bier veredelt wird

27.10.2014, 01:13

Im Osterwiecker "Bunten Hof" ist ein weiteres Bildungsseminar zu Ende gegangen. Das letzte seiner Art auf dieser Baustelle.

Osterwieck l Ein Hauch von Biergeruch durchströmt das Erdgeschoss im "Bunten Hof". Nein, angestoßen wird zum Abschluss des dreitägigen Bildungsseminars nicht, sondern selbst am Freitagnachmittag noch angestrengt gearbeitet. Das Bier, nach dem es riecht, zu trinken, wäre auch wenig empfehlenswert, lässt Claudia Hennrich durchblicken. Sie ist die Chefin des Deutschen Fachwerkzentrums aus Quedlinburg, das dieses Seminar veranstaltet.

Ein Thema dabei ist die Bierlasur auf Holzoberflächen. Auf Türen zum Beispiel, wie sie aus dem 18. und 19. Jahrhundert im "Bunten Hof" anzutreffen sind. Beim Ausgangsstoff handelt es sich um abgestandenes Starkbier, dem Farbpigmente beigemischt werden. Werden damit einfarbige Holzflächen gestrichen, entsteht ein Muster, das eine Holzmaserung imitiert. Darauf kommt zur Versiegelung farbloser Lack. So wurden früher Türen und Möbel veredelt. Heute wird diese Technik wegen des großen Aufwandes kaum noch angewendet. Karl-Heinz Strübig hat diese Arbeit vor Jahrzehnten noch während seiner Malerlehre beigebracht bekommen. Jetzt steht Strübig, der bei der Osterwiecker Malerfirma Machunsky angestellt ist, kurz vor der Rente, und fungiert als Anleiter bei diesem Seminar.

Die 25 Teilnehmer kommen übrigens aus allen Himmelsrichtungen von Niedersachsen bis München, einige auch aus dem Ausland. Sie sind Architekten, Bauingenieure, Handwerker, Lehrlinge, Studenten oder auch einfach nur interessierte Hauseigentümer.

Eine Etage höher beschäftigen sich Seminarteilnehmer mit zwei Türen. Diese gehören zu den 24 historischen Türen, die aus diesem Fachwerkhaus stammen, restauriert und wieder eingesetzt werden sollen. Hier erklärt Tischlermeister Carsten Paersch aus dem Fachwerkzentrum vor allem, wie Fehlstellen im Holz ersetzt werden.

Auch oben im alten Rittersaal ist Seminarzeit. Klaus Mehlhorn aus dem Fachwerkzentrum begleitet als Anleiter die Deckenputzarbeiten. Dabei werden Fehlstellen mit frischem Lehm ausgeglichen. Zeitweise wirkte auch die Hornburger Restauratorin Anja Stadler bei diesem Seminar als Anleiterin mit, das zum Beginn einen umfangreichen theoretischen Teil in der "Fallsteinklause" hatte. Stadler wird in einigen Monaten versuchen, im Rittersaal am 21 Meter langen Deckenbalken die rußgeschwärzten, historischen Wappen der adligen Verwandten der Erbauerfamilie von Rössing wieder sichtbar zu machen.

Es handelt sich um das letzte Bildungsseminar im "Bunten Hof", das im Rahmen des Projektes "Entdecken, Bewahren und Erleben" gefördert wurde, berichtet Claudia Hennrich. Aber es war nicht die letzte Weiterbildungsveranstaltung im "Bunten Hof" insgesamt.

Hier arbeiten unterdessen die beauftragten Handwerksfirmen weiter, auch den bevorstehenden Winter über. Ziel ist die Fertigstellung Ende nächsten Jahres.

Gegenwärtig entsteht auf der Südseite des 435 Jahre alten Fachwerkhauses ein separates Treppenhaus mit Fahrstuhl. Das wird künftig der Haupteingang zu den fünf Wohnungen, der Bibliothek und dem Veranstaltungssaal in diesem städtischen Gebäude sein.