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Halberstädter Projektgruppe entwickelt neue Pflegestrategien für die Zukunft Partnerschaft statt Konkurrenz

Von Sandro Müller 13.11.2014, 01:11

Innovation durch Vernetzung schaffen und den Pflegesektor zu modernisieren, ist das Ziel eines Halberstädter Demographie-Projekts, das sich am Montag der Wirtschaft und Forschung vorstellte. In den kommenden sechs Monaten soll der Sprung unter die Besten fünf eines Förderwettbewerbs des Bundes geschafft werden, um letztlich fünf Millionen Euro Projektunterstützung zu erhalten.

Halberstadt l Es ist ein engagiertes, doch zu meisterndes Ziel, das sich das gesamte Team des Halberstädter Demografie-Projekts zur Verbesserung des Pflegesektors und der Patientenbetreung und -versorgung gesetzt hat. Nur die besten fünf Konzepte haben nächstes Jahr die Chance auf eine Förderung durch den Bund in Höhe von fünf Millionen Euro. In der ersten Auswahlrunde hat sich das Halberstädter Projekt "SEVIP V - Sektorübergreifende Versorgung in Pflege und Vorsorge" unter 124 Projekten für die Runde der besten 20 qualifiziert (Volksstimme berichtete). Nun wird nach weiteren Partnern, Forschern und Unternehmen gesucht, die sich beteiligen möchten.

Dass dieses Projekt einen Gewinn für alle Beteiligten und natürlich für die Patienten darstelle, wurde in einem Gespräch mit dem aus Stuttgart angereisten Norbert Rebmann deutlich. Er ist Geschäftsführer der Xpert coorperation GmbH, die sich von Anfang an mit Erfahrung und Fachwissen an dem Halberstädter Projekt beteiligt. Rebmann erläuterte, dass eine Beteiligung weiterer Unternehmen, deren Kompetenzen und Ziele in das Konzept passen, unbedingt erwünscht sei.

"Eine Partnerschaft ist mehr wert als Konkurrenz. Unternehmen können in diesem Projekt mitgestalten und von der vernetzten Entwicklung profitieren", so Rebmann. Es geht auch darum, die demografischen Strukturen in der Region zu nutzen, um Lösungen zu finden, die später regionsübergreifend oder sogar deutschlandweit umgesetzt werden können. So wird "aus der Not eine Tugend". Durch rechtzeitiges Handeln können nicht nur Unternehmen der Region gestärkt und Arbeitsplätze geschaffen werden, sondern auch die optimale Betreuung und Pflege der Patienten langfristig sichergestellt werden, erklärt Rebmann.

Die Umsetzung von konkreten Projekten, wie beispielsweise einer zweisprachigen Software für den Pflegesektor, um ausländische Fachkräfte integrieren zu können und somit dem Trend der immer weniger werdenden Pfleger und Pflegerinnen gegenzusteuern, sieht er optimistisch.

Ziel ist es, innerhalb der nächsten fünf Jahre umsetzungsfähige Ergebnisse und Lösungen für den Pflegesektor zu schaffen. Die mögliche Förderung durch den Bund, wenn man die nächste Projektphase erreichen sollte, sei ein Bonus, jedoch nicht der Hauptausschlag für die Bemühungen. Es ginge darum, ein Versorgungsnetzwerk zu errichten und diese Herausforderung für die Zukunft zu gestalten.

Inhaltliche Arbeit erfolgt in mehreren Gruppen

Die Vorstellung des Projekts zur Verbesserung des Pflegesystems, die am Montagabend im Ratssaal des Halberstädter Rathauses stattfand, stieß bei den Gästen auf großen Zuspruch. "Wir haben auf die Einladungen zu dieser Veranstaltung großen Zuspruch erhalten. Von insgesamt 75 Eingeladenen sind 60 heute Abend da", sagte der Leiter des Unternehmerbüros/Stadtplanung der Stadt Halberstadt, Thomas Rimpler. Damit war der Ratssaal gut gefüllt. Rimpler hielt die Eröffnungsrede und machte die zahlreichen Gäste aus Wirtschaft und Forschung mit dem Projekt vertraut. Theo Struhkamp, stellvertretender Regierungssprecher der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt, war vor Ort, um das Projekt zu würdigen: "Unter 124 Bewerbern bei einem Förderprogramm des Bundes in die zweite Runde der besten 20 zu kommen, ist eine beachtliche Leistung." Dies zeuge von der "Unterstützungswürdigkeit" des Vorhabens, so Struhkamp.

Die weitere Arbeit des Projektteams, das bis zum 30. April sein Konzept vor einem Gremium des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vorstellen muss, erfolgt in Arbeitsgruppen zu verschiedenen Fachbereichen. Projektleiterin Antje Hoffleit stellte diese Gruppen sowie die jeweiligen Gruppenleiter vor.

Die Arbeitsgruppe (AG) Netzwerkbildung beschäftigt sich mit der Frage, wie Pflege besser vernetzt werden kann. Dabei findet sowohl die professionelle Pflege und die dort vorhandene Vernetzung der Beteiligten, als auch die sogenannte informelle Pflege Berücksichtigung. Das sind die Menschen, die Zuhause selbst ihre Angehörigen pflegen und wie diese notwendige Informationen gewinnen. Sprecher der AG Netzwerkbildung ist Uwe Witczak vom Beratungszentrum Halberstadt.

Versorgungs- und Organisationsformen betrachtet die Pflegeversorgung der Zukunft. Speziell wird über eine vereinfachte und damit effizientere Dienstleistung nachgedacht, die jedoch nicht zu einem Qualitätsverlust des Pflegeangebots führen soll - im Gegenteil. Der Bereich forscht in Richtung zusätzlicher Erholungsangebote und zu Systemen zur Medikamentenversorgung, die ähnlich funktionieren wie modernste Kühlschränke, welche automatisch verbrauchte Lebensmittel nachbestellen. Die Leitung der AG Versorgungs- und Organisationsformen übernimmt Christine Becker vom Cecilienstift Halberstadt.

Die Gruppe Fachkräftesicherung geht der brisanten Frage nach, wie sich der künftige Personalbedarf decken lässt und fokussiert dazu Bereiche, wie Personalgewinnung und die Integration ausländischer Pflegekräfte. Gruppensprecher wird Antje Hoffleit.

Die AG Technische Konzepte und Geschäftsmodelle wird von Prof. Dr. Thomas Leich, von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, geleitet und prüft das Entlastungspotenzial von Pflegeassistenzsystemen.

Unter der Leitung von Thomas Schatz vom Beratungszentrum Wanzleben arbeitet die Gruppe Einbindung von Pflegekräften und Angehörigen. Da diese beiden Personengruppen ein großes Interesse am Verlauf und den Ergebnissen des Projekts haben, sollen sie unbedingt mit beteiligt werden.

Die Projektanalyse und -optimierung unter der Leitung von Christian Reinboth von der Hochschule Harz wird sich über einen technischen Ansatz mit der Entlastung von Pflegekräften und der Erleichterung von Verwaltungsprozessen beschäftigen. Ziel ist eine ganzheitliche Prozessoptimierung.

Die Sondergruppe ELSI steht unter der Leitung von Antje Hoffleit. Hier sollen für ethische, soziale und juristische Fragen, die im Verlauf der Projektentwicklung auftauchen, Lösungen gefunden werden. Bekannte Themenfelder dieser Gruppe sind beispielsweise das Arbeitsrecht, Datenschutz oder Aspekte des Schutzes der Privatsphäre in Zusammenhang mit dem Einsatz moderner Technik.

Fachleute, Unternehmer und Wissenschaftler sind eingeladen, sich je nach persönlichem Interesse und vorliegenden Kernkompetenzen in die Arbeitsgruppen einzutragen. Ab sofort werden die Gruppen in regelmäßigen Abständen zusammenkommen, um das Konzept bis zum Abgabetermin vollständig zu entwickeln.

Zugang zum Projekt und den Arbeitsgruppenvermittelt Jörg Willeke vom Unternehmerbüro der Stadt Halberstadt, Telefon (03941) 551802, E-Mail an willeke@halberstadt.de